„Ironbridge Gorge“, „Blaenavon Industrial Landscape“ und das Ruhrgebiet
Industrielle Kulturlandschaften und Prozesse ihrer Authentifizierung
„Industrielle Kulturlandschaften“ sind sowohl manifester Ausdruck industrieller Aktivitäten als auch deren landschaftliche Hinterlassenschaft. Inhärent ist ihnen damit der „Erbe-Status“, der durch gesellschaftliche Aushandlungsprozesse, der Authentifizierung, manifestiert wird. Das Projekt untersucht solche Prozesse vergleichend vor allem am Beispiel der britischen UNESCO-Welterbestätte „Ironbridge Gorge“ und „Blaenavon Industrial Landscape“ sowie der Industrielandschaft Ruhrgebiet.

Die beiden, großbritannischen UNESCO-Welterbestätten „Ironbridge Gorge“ und „Blaenavon Industrial Landscape“ stehen im Fokus der komparatistischen Studie, die zwei übergeordnete, miteinander verbundene Ziele verfolgt:

Zum einen erscheint die Rede über durch den Steinkohlenbergbau geprägte „industrielle Kulturlandschaften“ mit einer gewissen begrifflichen Unschärfe versehen zu sein. Dies mag u. a. darin gründen, dass sich derartige „industrielle Kulturlandschaften“ von solchen z. B. des Braunkohlenbergbaus signifikant dadurch unterscheiden, das sie auf den ersten Blick weniger stark landschaftsphysiognomisch von industriellen Aktivitäten geformt sind. Demgegenüber zeichnen sich landschaftliche Transformationen in Steinkohlenrevieren vor allem durch industrielle Infrastrukturbauten aus. Insofern gewinnen diese Bauten in ihrer Gesamtheit einen zentralen Platz bei der vergleichenden historischen Analyse. Ziel ist, nicht ihre additive Totalität, sondern ihren historisch genetischen und -funktionalen sowie insbesondere ihren landschaftsspezifischen und landschaftsprägenden Zusammenhang aufzuzeigen und so den Begriff „industrielle Kulturlandschaft“ bzw. „Industrielandschaft“ klarer zu konturieren. Mit dieser begrifflichen Akzentuierung verzahnt ist die Untersuchung historischer Prozesse der Authentifizierung der genannten „Industrielandschaften“; sie sind kardinal für kulturelle und kulturpolitische Wertzuschreibungen und „Inwertsetzungsprozesse“, die stets mit Inklusionen und Exklusionen einhergehen. In den Blick geraten Kommunikationsprozesse und die in ihnen manifesten Informationsselektionen, z. B. in Zeitungen, Büchern und Karten.

Letztgenanntes Themenfeld bildet das Scharnier zum zweiten Ziel des Vorhabens, sind doch kulturelle „Inwertsetzungsprozesse“ basal für Schutz-, Erhaltungs- und Vermittlungsprogramme „industrieller Kulturlandschaften“. Sie bilden einen weiteren, essentiellen Schwerpunkt des Forschungsvorhabens; gewinnt doch vor dem Hintergrund bisheriger, erfolgloser Bemühungen, die „industrielle Kulturlandschaft“ Ruhrgebiet in ihrer Gesamtheit als institutionell schützenswert zu klassifizieren, die Analyse der erfolgreich abgeschlossenen großbritannischen Strategien der Unterschutzstellung von „industriellen Kulturlandschaften“ nicht nur an wissenschaftlicher, sondern auch kulturpolitischer Relevanz. Liefert die Untersuchung gesellschaftlicher „Inwertsetzungsprozesse“ bereits Erkenntnisse über Strategien der Authentifizierung, gilt es ergänzend und vertiefend, die Vorgehensweisen institutioneller Akteure im Prozess der Anerkennung der beiden großbritannischen UNESCO-Welterbestätten zu analysieren. Detailliert und differenziert in den Blick zu nehmen, sind damit u. a. so genannte Machbarkeitsstudien, Masterpläne, institutionelle Aushandlungsprozesse, strategische Authentifizierungsstrategien sowie offizielle, der UNESCO vorgelegte Dokumente und Anträge.

Project informations

Kontakt
Projektleitung
Projektträger

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Phase 1: Forschungsbereich Bergbaugeschichte

Phase 2: montan.dok

beteiligte forschende Bereiche
Laufzeit

01.11.2015 – 31.10.2021

 

Förderung
Kooperation
  • Lena Asrih/Nikolai Ingenerf/Torsten Meyer: Bergbau als techno-naturales System – Ein Beitrag zur modernen Bergbaugeschichte, in: Der Anschnitt 71 (2019), S. 2-18.
  • Lena Asrih/Torsten Meyer: Tagungsbericht: Boom – Crisis – Heritage. King Coal and the Energy Revolutions after 1945. Internationale Tagung am DBM, in: Der Anschnitt 70 (2018), S. 166-169.
  • Wiebke Büsch/Torsten Meyer: Tagung „Authentizität und industriekulturelles Erbe” in Freiberg, in: forum GESCHICHTSKULTUR RUHR 01 (2017), S. 60.
  • Jana Golombek/Torsten Meyer: Das (post-)industrielle Erbe des Anthropozän, in: Der Anschnitt 68 (2016), S. 198-215.
  • Uta Hassler/Torsten Meyer: Construction History and the History of Science – An Approach to the Scientification of Building Knowledge, in: Antonio Becchi/Robert Carvais/Joël Sakarovitch (Hrsg.): L’Histoire de la construction / Construction History. Relevé d'un chantier européen / Survey of a European Building Site, 2 Bde., Paris 2018, Bd. 2, S. 921-936.
  • Torsten Meyer: Die „Ökonomie der Georessourcen“ im 18. Jahrhundert – Das Beispiel der Baumaterialien, Baukosten und die Emergenz des Genres der Bauanschläge, in: Der Anschnitt 70 (2018), S. 216-234.
  • Torsten Meyer: Tagungsbericht: Bilder aus den Bergwerks- und Hüttenbetrieben – Auftragskontexte fotografischer Repräsentationsalben (1890-1920). 24.05.2018, Freiberg, in: H-Soz-Kult, 14.07.2018.
  • Torsten Meyer/Christoph Rauhut: ‚Theory’ and systematic testings – Emil Mörsch, Carl Bach and theculture of experimentation into reinforced concrete construction at the turn of the twentieth century, in: Ine Wouters u. a. (Hrsg.): Building Knowledge, Constructing History. Proceedings of the Sixth International Congress on Construction History, 2 Bde., Leiden u. a. 2018, Bd. 2, S. 1105-1112.
  • Torsten Meyer u. a. (Hrsg.): Alltag und Veränderung – Praktiken des Bauens und Konstruierens. Tagungsband der Zweiten Jahrestagung der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte vom 23. bis 25. April 2015 in Innsbruck, Dresden 2017 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte, Bd. 1).
  • Torsten Meyer u. a. (Hrsg.): „Mit den wohlfeilsten Mitteln dauerhaft, feuersicher und bequem“ – Sparsamkeit als Prinzip, Rationalität als Weltsicht? Tagungsband der Dritten Jahrestagung der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte vom 4. bis 6. Mai 2017 in Potsdam, Dresden 2019 (= Schriftenreihe der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte, Bd. 2).