Der Großraum Pittsburgh und das Ruhrgebiet seit den 1970er Jahren
Please fill the gap – (Industrie)Kultur als postindustrieller Platzhalter?
Strukturwandel und Deindustrialisierung sind schon lange Gegenstand der Forschung in diversen Disziplinen. Zunächst waren es die politischen und ökonomischen Aspekte, die von der Forschung in den Fokus genommen wurden. Der Prozess der Deindustrialisierung stellte jedoch nicht bloß eine quantitative und qualitative Veränderung der Arbeitswelt dar, sondern – wie bereits die Industrialisierung – eine fundamentale Veränderung im sozialen Gefüge. Was in der Forschung bisher vernachlässigt wurde, ist die Frage nach der kulturellen Bedeutung des Strukturwandels im Laufe der Jahre, auch im Hinblick auf die Frage, wie Einzelne und ganze Gemeinden den Prozess der Deindustrialisierung durch Erinnerungsprozesse re-interpretieren. Auch die Bedeutung von (Alltags)Kultur im Zuge dieses Prozesses bedarf einer genaueren Betrachtung, zumal sie häufig als wichtiges Mittel im Verarbeitungsprozess eingesetzt wird.

Anhand zweier Regionen – das Ruhrgebiet und der Großraum Pittsburgh – soll untersucht werden, inwieweit deren Bewohner über materielle und immaterielle kulturelle Repräsentation neue Narrative und Erinnerungen an die industrielle Arbeit und den Prozess der Deindustrialisierung konstruieren. Hierbei richtet sich der Blick nicht nur auf ehemalige Industriearbeiter oder deren Familien, sondern auch auf „Außenstehende“, die auf das Phänomen der Deindustrialisierung reagieren, auch wenn es nicht unmittelbar Teil ihrer eigenen Erinnerung ist. Es soll untersucht werden, welche unterschiedlichen Strategien angewendet werden, um die entstandene Lücke – symbolisch und faktisch – zu füllen. Als materielle Zeugen des Strukturwandels spielen in diesem Kontext industriekulturelle Stätten und deren neue Nutzung eine besondere Rolle. Andere Interpretationen finden sich in der Arbeit kultureller Initiativen und regionaler Akteure, in der Fotografie und dem immateriellen Erbe wie Erzählungen, Musik und Literatur, aus denen wiederum verschiedene Phänomene wie „ruin porn“ oder „rust belt chic“ hervorgegangen sind. Konkreter Untersuchungsgegenstand sind sowohl die regionalen Museen, als auch unterschiedliche Ausformungen materieller und immaterieller Industriekultur in den jeweiligen Regionen. Die Analyse der musealen Repräsentation zeichnet ein Bild der „top-down“ Narrative, während im Gegenzug anhand einer Analyse der Arbeit unterschiedlicher kultureller Initiativen und Phänomene der „bottom-up“ Zugang zu Industriekultur sichtbar gemacht wird. Vertiefend erfolgt ein Blick auf die Akteurs- und Rezipientenebene in diesem Spannungsfeld aus „top-down“ und „bottom-up“ Narrativen, um in der Folge Aussagen über Auswirkungen der unterschiedlichen Strategien im Umgang mit Industriekultur auf die Gesellschaft zu treffen.

Hier geht es zum Gesamtprojekt

Project informations

Kontakt

Jana Tarja Golombek

Projektleitung

Dr. Lars Bluma (bis April 2018)

Dr. Michael Farrenkopf (seit Mai 2018)

Projektträger

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Phase 1: Forschungsbereich Bergbaugeschichte

Phase 2: montan.dok

beteiligte forschende Bereiche
Laufzeit

01.11.2015 – 31.10.2018

Förderung
Kooperation
  • Stefan Berger/Jana Golombek/Christian Wicke (Hrsg.): Deindustrialization, Heritage, and Representations of Identity, Berkeley 2017 (The Public Historian, Special Issue).
  • Stefan Berger/Jana Golombek/Christian Wicke (Hrsg.): Industrial Heritage and Regional Identities: A Historical Comparison of Coal and Steel Producing Regions, New York 2018.
  • Jana Golombek/Torsten Meyer: Das (post-)industrielle Erbe des Anthropozän, in: Der Anschnitt 68 (2016), S. 198-215.