Timna und Faynan

Wer beutete die prähistorischen Kupferlagerstätten im Nahen Osten aus? Einige der größten prähistorischen Kupferproduzenten befinden sich im Nahen Osten. Davon zeugen unzählige Abbauschächte, Schmelzöfen und Schlackenhalden wie in Timna oder Faynan entlang des Wadi Arabah. Zur Kenntnis dieser Bergbauspuren und Erzaufbereitungsanlagen hat das DBM mit seinen archäologischen Untersuchungen beigetragen. Bis vor kurzem war sich die internationale Forschung sicher, dass die Blütezeit der Metallproduktion in der Spätbronzezeit stattgefunden und vermutlich in den Händen der Ägypter gelegen habe. Naturwissenschaftliche Untersuchungen bringen nun überraschende Erkenntnisse.

Die Blütezeit der Kupferproduktion in Timna ist jünger als bisher angenommen


Im Wadi Arabah, einem Tal, das von vom Golf von Akaba bis zum Toten Meer führt, gibt es reiche Kupfererzlagerstätten, die schon in prähistorischer Zeit ausgebeutet wurden. Die bekannteste Fundstelle ist Timna im Süden Israels gelegen. Nach den Erkenntnissen der von ihm geleiteten Arabah-Expeditionen fand die Kupferproduktion hauptsächlich zwischen dem 14. und 12. Jahrhundert statt. Rothenberg war es auch, der die spätbronzeitlichen Bergbauspuren mit der Hochkultur am Nil in Verbindung brachte.

Aktuelle Forschungen rütteln nun an der bislang bestehenden Datierung. Der Archäologe Dr. Erez Ben-Yosef von der Universität von Tel Aviv nahm während seiner Ausgrabungen auf dem Schmelzplatz Timna 30 Proben für eine 14C-Datierung. Die so gewonnen Daten zeigen eindeutig, dass die Kupferproduktion in Timna erst Ende des 12. Jahrhundert v. Chr. einsetze und im 10. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte – also in der Eisenzeit, als die Ägypter des Neuen Reichs unter der Herrschaft der Ramessiden, die Region schon lange verlassen hatten.

Auch andere Kupfererzvorkommen an der Ostseite des Wadi Arabah wurden am Übergang zum 11. Jahrhundert massiv ausgebeutet. Es entstanden die Verhüttungszentren Khirbet en-Nahas und Khirbet el-Jaryia in Faynan, Jordanien. In diesem prähistorischen Montanrevier forschte das DBM zwischen 1983-1993 und entdeckte Bergbau- und Verhüttungsbefunde, die denen in Timna stark ähneln. Nicht nur das: Auch die jüngst von Prof. Dr. Thomas E. Levy von der Universität San Diego und von Prof. Dr. Andreas Hauptmann vom DBM neu gewonnen sowie rekalibrierten 14C-Daten entsprechen denen der Produktionszyklen in Timna.

Wer produzierte in der Spätbronze- und frühen Eisenzeit das Kupfer im Wadi Araba?

Mit den neuen 14C-Daten aus den Kupferrevieren Timna und Faynan stellte sich den ForscherInnen nun erneut die Frage, wer für den Abbau und die Produktion ab dem späten 12. Jahrhundert verantwortlich war. Die Ägypter hatten die Region nämlich kurz nach der Regierungszeit Ramses V. verlassen. Darüber hinaus gibt es für die im Wadi Arabah zur Anwendung gekommene Technologie im eisenzeitlichen Montanwesen in Ägypten nichts Vergleichbares.

Die neuen Forschungen von Prof. Levy, Dr. Ben-Yosef und anderen namhaften Wissenschaftlern belegen nun, dass die Organisation und Kontrolle der eisenzeitlichen Reviere in Faynan und Timna in den Händen von lokalen, halbnomadisch lebenden Stämmen gelegen hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei ihnen um die in den ägyptischen Quellen genannten „Shasu“. Sie lassen sich wiederum mit den Organisationsstrukturen des historisch als „Edom“ bezeichneten Herrschaftsgefüges verbinden, von dem die Bibel berichtet.

Bereitete der ägyptische Pharao Shoshenq der Kupferproduktion ein Ende?

Auf dem Höhenpunkt der Kupferproduktion – im 10. Jahrhundert – fand diese in Timna und Faynan ein abruptes Ende. Die Aufgabe der Schmelzplätze fiel mit der militärischen Operation des ägyptischen Pharaos Shoshenq I (Regierungszeit ca.: 945/946-925/924 v. Chr.) in der Levante zusammen. Aus dieser Zeit stammen die in Khirbet en-Nahas und Khirbet Hamra Ifdan (Faynan) gefunden ägyptischen Skarabäen und Amulette. Sie zeugen von den Bestrebungen der Hochkultur am Nil, Kontrolle über die Kupfererzvorkommen zu gewinnen. Zumindest vorübergehend gelang ihr offenbar die Einflussnahme, währenddessen sie die Metallproduktion kurzfristig komplett zum Erliegen brachte. Nach diesem Zusammenbruch nahm die einheimische Bevölkerung die Kupferproduktion in Faynan und Timna gegen Ende des 10. Jahrhunderts wieder auf – allerdings mit veränderter Verhüttungstechnik. Woher diese stammt, wollen die WissenschaftlerInnen künftig klären.

Das Bergbaurevier von Faynan

Das Bergbaugebiet von Faynan zählt mit seinen vielen Verhüttungsplätzen zu den wichtigsten und zu den am besten erforschten Bergbauregionen der Levante und dem Nahen Osten. Da die dortigen prähistorischen Montanlandschaften kaum durch den modernen Bergbau zerstört wurden, finden die WissenschaftlerInnen hervorragende Bedingungen vor.

Die grundlegenden archäologisch- archäometallurgischen Untersuchungen im Revier von Faynan erfolgten durch das DBM bereits in den Jahren 1983-1993, unter der Leitung von Prof. Dr. A. Hauptmann und Prof. Dr. G. Weisgerber. 

Aktuell analysiert Ingolf Löffler, Doktorand am DBM die montanarchäologischen Funde und Befunde der einzelnen Epochen. Ziel seiner Dissertation mit dem Titel „Das Montanrevier von Faynan in Jordanien: Studien zu einer prähistorischen Wirtschaftslandschaft“ ist es, Fragestellungen über die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung dieser Montanlandschaft zu beantworten sowie die Entwicklung des Bergbaus und dessen Innovationszyklen auf der Basis der gewonnenen ökonomischen und ökologischen Informationen darzustellen.

Dies beinhaltet unter anderem den Vergleich von Produktionskapazitäten sowohl während verschiedener Kulturstufen als auch mit zeitgleichen Montanregionen, wie etwa Timna, die durch politische und wirtschaftliche Prozesse, Einfluss auf Handels- und Absatzmärkte besaßen.

Laufende Dissertation

Ingolf Löffler
Das Montanrevier von Faynan in Jordanien: Studien zu einer prähistorischen Wirtschaftslandschaft

Zugehöriges Projekt

Archäometallurgische und bergbauarchäologische Untersuchungen in Fenan und im Bereich des südlichen Wadi Arabah, Jordanien

Weiterführende Literatur