Research Projects

Frühe Metallgewinnung im mittleren Lahntal
Das mittlere Lahntal liegt im Schnittpunkt von Westerwald, Taunus, Vogelsberg und Wetterau. Dort treten reiche Erzzüge zutage, deren vorindustrielle Ausbeutung und die folgende Aufbereitung im Zentrum des Projekts stehen. Begleitend wurden geochemische Untersuchungen der Erzlagerstätten und Schlacken durchgeführt. Ziel ist es, einen Überblick über die montanarchäologischen Denkmäler und deren Beziehungen zu den zeitgleichen Siedlungen zu erlangen. Zusätzlich soll eine Validierung der vorneuzeitlichen Metallgewinnung vorgenommen werden.

Wann der Mensch mit der Ausbeutung der Rot- und Braunsteinlagerstätten im Ostteil des Rheinischen Schiefergebirges begann, war bislang nicht bekannt. Es gab zwar Hinweise auf eine historische oder sogar prähistorische Eisengewinnung, aber erst die Projektarbeiten führten zu einer genauen Altersbestimmung: Eine Eisenproduktion erfolgte während der Eisenzeit, der römischen Kaiserzeit und des Frühmittelalters. Einige dieser Fundstellen konnten wir näher untersuchen:

Die Verhüttungsrelikte in Wetzlar-Dutenhofen und ein nur 1,5 km entfernt liegender Schmiedeplatz in Lahnau-Atzbach reichen ins 5. Jahrhundert v. Chr. zurück. Es sind damit die ältesten Eisengewinnungsplätze Hessens. Auch in der römischen Kaiserzeit wurde in Wetzlar-Nauheim Eisen produziert, zumindest deutet sich ab dem späten 1. Jahrhundert n.Chr. eine lokale Herstellung an. In Wetzlar-Dalheim konnten wir am Nordufer der Lahn zahlreiche Lagerstätten und Schlackenplätze erfassen. Sie lagen direkt unterhalb einer der neu entdeckten Brauneisensteinlagerstätten. Auf einem 300 m langen und 50-100 m breiten Streifen gelang mittels Geomagnetik (Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR) ein erster Einblick in die Struktur des Platzes: Das so gewonnene Bild zeigt starke, teils in Reihen angeordnete rundliche Anomalien, die sich in Verbindung mit Oberflächenfunden als Ofen- oder Herdstandorte ansprechen lassen; bei großen rechteckigen Anomalien im Zentrum der Fläche dürfte es sich um Grubenhäuser handeln. Insgesamt weist die Fläche eine hohe Befunddichte auf, Keramiklesefunde geben deutliche Hinweise auf eine mehrperiodige Nutzung von der Vorgeschichte, Kaiserzeit und dem Früh- bis Hochmittelalter. 14C-Daten aus Bohrprospektionen bestätigen die Keramikdatierungen: Seit der Kaiserzeit bis in die Karolingerzeit existierte hier – anders als rechts des Rheins – kontinuierlich oder mit Unterbrechungen ein Eisenproduktionsrevier. Möglicherweise legten schon die Germanen die Weichen für die nachfolgende spätere Metallwirtschaft.<br/ Unsere weiteren Geländeprospektionen konzentrierten sich zunächst auf Teilzonen besonders der Roteisenreviere nördlich und südlich der Lahn, später auch auf die zentralen Brauneisensteinlagerstätten. Zwei wichtige Ergebnisse sind dabei festzuhalten: In den Kernräumen der Lagerstätten, insbesondere im hügeligen Hinterland beiderseits der Lahn, hatte der moderne Tagebau ältere Bergbau- und Verhüttungsspuren weitgehend zerstört. Bei den erhaltenen Verhüttungsplätzen handelt es sich meist um größere Schlackenhalden. Die Schlacken weisen deutliche Fließstrukturen auf, die während eines fortgeschrittenen Rennofenprozesses entstanden sein müssen. Nach zahlreichen Vergleichen aus anderen Regionen dürfen diese Verhüttungsabfälle ins Hoch- und Spätmittelalter datieren. Gut erhaltene montane Ensembles nördlich der Lahn konnten in Wetzlar-Blasbach, am Bleidenberg-Nordhang oder auch an der Ostflanke des Dünsberg lokalisiert und teilweise prospektiert werden. Südlich der Lahn entdeckten wir bei Ebersgöns ein Pingenfeld, mehrere Schlackenhalden und Hangterrassen. Unsere Prospektionen zeigten auch, dass besonders in den Waldgebieten des Hinterlandes herausragende bergbauliche Ensembles erhalten sein können, die aus einer Zeit stammen, als Abbau- und Hüttenprozess noch am selben Ort stattfanden, mithin die mittelalterliche Nutzungsphase. Bei Solms-Burgsolms entdeckten wir Schlacken, die auf einen frühen Rennofentyp hinweisweisen, der vielleicht in die Eisenzeit gehört.
Ein Ensemble des Früh- oder Hochmittelalters bestehend aus Verhüttungsplatz und umliegenden Köhlerplätzen untersuchten wir schließlich in Blasbach, Flur Pfaffenmark. Der idealtypische Platz zeichnet sich durch einen deutlich ausgeprägten, etwa 10 m großen, rundlichen Schlackenhügel mit Fließschlacken, einer hangaufwärts liegenden kleinen Verebnung sowie einer südöstlich davon abgesetzten Steinansammlung (der vermutliche Ofenstandort) aus. Das metallurgische Ensemble ist durch seinen offensichtlichen einphasigen Charakter und die gute, ungestörte Erhaltung von großer Bedeutung für die (früh-) mittelalterliche Gewinnungsphase.

Project informations

Kontakt
Projektleitung

Prof. Dr. Andreas Schäfer / Universität Bamberg

beteiligte forschende Bereiche
Laufzeit

abgeschlossen

Förderung
Kooperation

 

Philipps-Universität Marburg, Vorgeschichtliches Seminar / Andreas Schäfer

Institut der KAL, Wiesbaden, Archäobotanische Abteilung

Fa. ARGUS, Tübingen / Guntram Gassmann

Posselt und Zickgraf Prospektionen GbR, Marburg

  • A. Schäfer, N. Buthmann, B. Zickgraf, Wetzlar-Dalheim vor Buderus. Zu den Anfängen der Eisengewinnung im Lahntal. Hessen-Archäologie 2001, 120-123.
  • A. Schäfer, Th. Stöllner, Frühe Metallgewinnung im Mittleren Lahntal. Vorbericht über die Forschungen der Jahre 1999-2001. 6. Berichtsheft der KAL, 2000/2001, 83-111.
  • A. Schäfer, Th. Stöllner,Schmiedewerkstatt von Lahnau-Atzbach. Katalogbeitrag in: H. Baitinger (Hrsg.), Glaube - Mythos - Wirklichkeit. das Rätsel der Kelten vom Glauberg. Katalog zur Ausstellung Frankfurt 2002 (Stuttgart 2002) 269 f.