Bestandsaufnahme und Kategorisierung von Denkmalzechen
Industriearchäologische Analyse der Steinkohlenindustrie in der Region Westfalen-Lippe
Im Forschungsfeld des Steinkohlenbergbaus und der Industriekultur ergeben sich für die relativ junge Disziplin der Industriearchäologie vielversprechende Forschungsansätze. In Anlehnung an das für den rheinischen Landesteil Nordrhein-Westfalens veröffentlichte Inventar über Zechen und Kokereien von Walter Buschmann widmet sich die Dissertation nun den westfälischen Relikten. Aufbauend auf der Arbeit der Denkmalbehörden und weiterer Institutionen sollen bereits bestehende Dokumentationen, realisierte Forschungsansätze und Erkenntnisse zusammengefasst und ergänzt werden. Das erkenntnisleitende Interesse besteht darin, ein Inventar für Westfalen zu erstellen und die Denkmale des Steinkohlenbergbaus aus industriearchäologischer Perspektive zu erforschen und zu kategorisieren, sie in den Kontext der umgebenden Industrielandschaft einzuordnen und ihre Repräsentativität für die Entwicklung des Bergbaus in der Region auszuwerten. Nicht zuletzt soll damit herausgearbeitet werden, dass auch Westfalen über eine Vielzahl an bergbaubezogenen industriellen und technischen Denkmalen verfügt, deren Wert nicht zu unterschätzen ist.

Im Rahmen einer historischen Analyse und Interpretation soll zunächst die Rolle der Montanindustrie als kennzeichnendes Merkmal der Industriekultur in Westfalen herausgestellt werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der industriellen Entwicklung der Steinkohlenindustrie, wenngleich auch Wechselwirkungen mit anderen Industriezweigen in die Betrachtungen eingehen. Dabei spielen Faktoren wie die Nordwanderung des Bergbaus und dessen Einfluss beispielsweise auf die Regionalentwicklung oder die Siedlungs- und Infrastruktur eine Rolle. Auch die facettenreiche Zechenarchitektur ist von großem Interesse, um – aufbauend auf einer Typologie der Bauten – bereits unter Schutz stehende und potentielle Denkmale bewerten und einordnen zu können. Dabei müssen auch die Besonderheiten von Industrieobjekten Eingang in die Überlegungen finden. Schließlich widmet sich der einführende Teil der Genese der Industriedenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen.

Den Hauptaspekt der Arbeit bilden die grundlegende Kategorisierung der industriellen und architektonischen Entwicklung sowie die Bestandserfassung und die daran anknüpfende Bewertung der Industriedenkmale der westfälischen Steinkohlenindustrie des 19. und 20. Jahrhunderts. Die bereits amtlich gelisteten Denkmale werden nach einer Kurzdarstellung der geschichtlichen Entwicklung der jeweiligen Zeche genauer charakterisiert, wobei u. a. folgende Angaben als notwendig erachtet werden: Beschreibung und Lage der im Denkmalumfang enthaltenen Bauten, maschinelle Einrichtung, Erhaltungszustand und Kontextualisierung durch die Herstellung von Beziehungen zu korrespondierenden Denkmalobjekten wie Siedlungen, Aufbereitungs- oder Infrastrukturanlagen. Ergänzt werden diese Angaben um eine detaillierte Denkmalbegründung und industriearchäologische Bewertung, je nach Art des Objektes beispielsweise im Hinblick auf die historische, architektonische, landschaftsprägende, sozialgeschichtliche oder technikgeschichtliche Bedeutungsperspektive. Schließlich widmet sich der einführende Teil der Genese der Industriedenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen.

Einen weiteren Schwerpunkt des Forschungsprojektes bildet die Auswertung der Repräsentativität der Objekte für die einleitend dargelegte industrielle und architektonische Entwicklung in Westfalen. Dabei werden die denkmalgeschützten Objekte in die eingangs favorisierte Kategorisierung eingeordnet. Neben der Betrachtung der einzelnen Bauten und Ensembles gilt es zudem, auch den Gesamtbestand an Denkmalen hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Objekte, der verschiedenen Objektarten, deren Technisierung und Architekturstil sowie Betriebsgröße und Anlagentyp zu definieren. Die damit geschaffene Basis eröffnet die Chance einzuschätzen, ob der aktuelle Bestand an Industriedenkmalen die eingangs dargestellte industrielle Entwicklung und Architektur der Steinkohlenindustrie adäquat repräsentiert, welche typologischen Besonderheiten für Westfalen festzustellen sind und ob vorhandenen Desideraten vor dem Hintergrund der Stilllegung des Steinkohlenbergbaus im Jahr 2018 durch die Erfassung weiterer denkmalwerter Industriedenkmale abgeholfen werden kann.

Project informations

Kontakt

Dipl.-Ind. Arch. Eva Schulte

Projektleitung
Projektträger

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

beteiligte forschende Bereiche
Laufzeit

01.01.2015 – 31.12.2018

Förderung

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Kooperation
  • Eva-E. Nüsser: „Work with Sounds“. Tagung im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern, in: DER ANSCHNITT 67, 2015, S. 210-215.
  • Eva-E. Nüsser: Die „Baumwollspinnerei Oehme“ in Zschopau, in: Helmuth Albrecht/Katharina Jesswein/Julia Petzak/Axel Rüthrich (Hrsg.): Verlorene Fäden, Chemnitz 2016 (= INDUSTRIEarchäologie – Studien zur Erforschung, Dokumentation und Bewahrung von Quellen zur Industriekultur, Bd. 16), S. 111-121.
  • Eva-E. Nüsser: Erfassen, Erhalten, Erinnern – Die Entwicklung der Industriedenkmalpflege in Westfalen, in: Jana Flieshart/Jana Golombek (Hrsg.): RevierGestalten. Von Orten und Menschen, Ausstellungskatalog, Essen 2018, S. 20-31.
  • Eva-E. Nüsser: Das Ruhrgebiet. Eine industriearchäologisch-industriekulturelle Exkursion, in: montan.dok-news 4, 2018, Heft 2, S. 4.