3D-Digitalisierung im montan.dok

3D-Digitalisierung im montan.dok | Foto: Helena Grebe

Im Schnitt sind etwa 90 % aller musealen Sammlungen nicht in den Dauerausstellungen von Museen zu sehen. Sie bleiben damit für die Besuchenden weitestgehend unsichtbar. Mithilfe von 3D-Digitalisierung macht das Deutsche Bergbau-Museum Bochum seit Sommer 2020 Teile dieser verborgenen Schätze, allesamt Bestände des Montanhistorischen Dokumentationszentrums, sichtbar. Realisiert wird das Vorhaben im Rahmen des Aktionsplans für Leibniz-Forschungsmuseen.

Digitale 3D-Technik hat vermehrt Einzug in unseren Alltag gehalten, unter anderem in Kinofilmen, VR-Brillen mit immersiven Spielen oder AR-Anwendungen auf Smartphones. Auch für den kulturellen Sektor bietet die 3D-Technik Perspektiven und Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erschließen und die Reichweite über den musealen Raum hinweg auszudehnen. Im Rahmen des Aktionsplans II für Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft widmet sich ein Teilprojekt den Anwendungsmöglichkeiten von 3D-Modellen für die eigenen Sammlungsbestände. Mit 3D-Scannern werden im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) Nutzen und Grenzen dieses Verfahrens ausgelotet. Ausgewählt wurden in erster Linie solche Exponate, die technik-, kultur- sowie alltagsgeschichtlich oder geowissenschaftlich relevant sind und einzigartige Schätze der Sammlungen darstellen.

 

Vorteil 3D

 

Die 3D-Erfassung ermöglicht die Ansicht aller Seiten eines Objektes aus sämtlichen Blickwinkeln sowie die Reduzierung auf die Form durch Entfernung der Farbigkeit (Textur), so dass Inschriften deutlicher lesbar und Risse oder Erhebungen für restauratorische Maßnahmen besser erkennbar werden. Damit bieten 3D-Aufnahmen oftmals tiefere Einblicke in die Beschaffenheit des Objekts als ein Foto oder gar das Original selbst. 3D-Digitalisate eröffnen neue bzw. vertiefende Aussagen zur Materialität und Funktionsweise eines Objektes und ergänzen die Objektgeschichte um wertvolle Aspekte.

Bisher wurden am Deutschen Bergbau-Museum Bochum 3D-Modelle von Exponaten in vereinzelten Versuchen durch das auf Kameras basierende Verfahren der Photogrammetrie hergestellt, aufbauend darauf wird ein Vergleich der Techniken angestrebt.

Langfristig werden nun weitere Potenziale der 3D-Technik in Bochum erforscht und die Lerneffekte für eine nachhaltige Nutzung im montan.dok festgehalten, um beispielsweise eigene digitale Ausstellungen zu kuratieren und die Daten in speziell auf diese Technik aufbauende Formate zu implementieren. Weitere Vorteile liegen dabei auf der Hand: Nationale und internationale Ausstellungskooperationen, für die etwa Objekte nicht transportiert werden können, lassen die Zusammenführung bis dato undenkbarer Objektkonstellationen zu. Dem Ausstellungsraum sind keine physischen Grenzen mehr gesetzt, ebenso wenig dem Besuchserlebnis, so dass das Entdecken und Verstehen der Objekte und Geschichte(n) des Bergbaus nicht mehr allein an den musealen Ort gebunden ist.

 

Das Vorgehen

 

Ein 3D-Scanner schießt fünf Bilder in der Sekunde und erfasst dabei zusätzlich Maße und Formen. Aus den so entstandenen hunderten bis tausenden Fotos rechnet die zugehörige Software ein vorläufiges Konstrukt zusammen. Der ebenfalls aufgenommene Untergrund wird nachträglich entfernt. Um alle Seiten des Objektes aufzunehmen, muss es mehrfach aus unterschiedlichen Blickwinkeln gescannt werden, dazu gehört auch die meist verborgene Unterseite, auf der früher oftmals die Inventarnummern vermerkt wurden.

Die Teilaufnahmen des Objektes werden in der Software manuell zu einem Gesamten zusammengesetzt und auf Lücken geprüft, die nachgescannt und schließlich in ein Gitter umgerechnet werden müssen. Diese Netze werden für die Darstellung im Internet verkleinert, um die Dateigröße zu reduzieren. Schließlich wird die Textur wieder auf das so entstandene Gittermodell aufgetragen.

Die für Scanner problematischen Objekte, wie solche mit glänzenden Oberflächen, bei denen der Blitz zu weißen Flecken führt, und verborgene Winkel, die durch die Sensoren und Kameras nicht erreicht werden, müssen nachträglich bearbeitet werden. Manche Materialien, wie zum Beispiel Glas, werden von den Sensoren nicht erfasst, weshalb sie von dem Verfahren vorerst ausgeschlossen werden müssen. Aus konservatorischen Gründen werden keine Sprays angewendet, die die Scanbarkeit dieser Materialien zwar ermöglichen, aber die Farbigkeit verfälschen würden.

 

Nutzung & Verbreitung

 

Das jeweils erstellte 3D-Modell wird auf der Online-Plattform Sketchfab veröffentlicht. Interessierte können damit jedes Detail eines Objektes im Netz von allen Seiten betrachten und erforschen. Durch die Verlinkung mit der digitalen Datenbank lässt sich das Objekt, dessen Geschichte und Bedeutung für den Bergbau erfahren. Über eine dazugehörige App ist auch ein Platzieren der Objekte durch Augmented Reality möglich. So gelangt etwa die digitalisierte Grubenlampe in das eigene Wohnzimmer, auf den Bahnsteig oder in Nachbars Garten.

Sinn der Veröffentlichung auf der digitalen Plattform ist es auch, neuen digitalaffinen Zielgruppen einen innovativen und niederschwelligen Zugang zum Thema Bergbau und seinen vielfältigen Facetten zu verschaffen. Zudem haben Besuchende des Leibniz-Forschungsmuseums für Georessourcen die Möglichkeit, sich bei einem Besuch über die Inhalte der Dauerausstellung hinaus über Objekte der Bergbaugeschichte zu informieren und neue Perspektiven auf das materielle Bergbauerbe zu entwickeln.

Die Ergebnisse der Aktivitäten fließen in weitere wissenschaftliche Projekte des montan.dok ein. So ergeben sich unter anderem Synergien zu den Projekten „montan.dok 21“ und „Bewahrung gefährdeter Zeitzeugen des Steinkohlenbergbaus in den Musealen Sammlungen des DBM/montan.dok und vernetzten Einrichtungen“.