Internationale Forschung zu Konservierungsmaßnahmen an Salzmumien-Funden in den Werkstätten des RGZM

Foto: R. Müller | RGZM

Die Stadt Zanjān (Iran) beherbergt eines der drei weltweit bekannten antiken Salzbergwerke. Im Rahmen eines von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projekts mit dem Schwerpunkt zur Bewahrung des kulturellen Erbes in Krisenregionen („Patrimonies“) führt eine iranisch-deutsch-österreichische Forschergruppe gemeinsam Maßnahmen zur Konservierung und Präsentation zu den Mitte der 1990er Jahre gefundenen Salzmumien und ihrer Ausrüstungsgegenstände durch. Proben von archäologischen Funden aus dem antiken Salzbergwerk im heutigen Iran werden derzeit im Römisch-Germanischen Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie (RGZM) untersucht. Zwei iranische Restauratorinnen forschen gemeinsam mit den Kollegen des RGZM an den 1500 bis 2400 Jahre alten Lederfragmenten.

Ziel ist es, durch eine Auswahl der Proben von herausragenden Funden ein zeitgemäßes Konservierungskonzept und neue Methoden für das einzigartige archäologische Erbe gemeinsam zu erarbeiten sowie eine Ausstellung für die Öffentlichkeit vorzubereiten. Die zuletzt durchgeführten Grabungen brachten außer den berühmten Mumien zahlreiche, sehr gut erhaltene organische Funde zum Vorschein, z.B. Textilien, Holzwerkzeuge, Nahrungsreste, aber auch Exkremente, sogenannte Paleofaeces. Dies eröffnete Möglichkeiten für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema.

„Organische Überreste in derart gutem Erhaltungszustand sind in archäologischen Befunden eine Rarität“, so beschreibt die Restauratorin Roswitha Goedecker-Ciolek (RGZM) die Lederfragmente in ihrer Werkstatt und fährt fort: „Wir untersuchen derzeit die organischen Überreste, die durch das Salz noch recht gut erhalten sind, auf ihre ursprüngliche Funktion.“

Auch das gut erhaltene Fell auf den Lederfragmenten wirft weitere Fragen zur Artenvielfalt aus vergangenen Perioden auf. Bis Mitte Oktober wird in den Mainzer Werkstätten des RGZM gemeinsam zum Thema Salzlederrestaurierung mit den Kolleginnen aus dem iranischen Institut für Konservierungsforschung (RCCCR) geforscht: Dr. Shahrzad Amin Shirazi, Leiterin Konservierungsabteilung und Restauratorin, sowie Lederexpertin Narguess Afzalipour sind hierfür aus dem Iran entsendet worden.

Federführend betreut das Projekt das Deutsche Bergbau-Museum Bochum im Forschungsbereich Montanarchäologie. Weitere Partner sind neben dem RGZM in Mainz dem RCCCR, ICHHTO (Iran Cultural Heritage, Handcrafts and Tourism Organization), The Saltmen Museum Zanjān, die Ruhr-Universität Bochum, das Archäologische Museum Frankfurt, das Naturhistorische Museum Wien, das Zolfaghari Museum Zanjān und das Nationalmuseum Teheran. Da es bislang weltweit kaum Erfahrungen zur Konservierung von Salzmumien gibt, werden die sich aus dem Forschungsstand in Zanjān ergebenen Kenntnisse wertvoll für den Umgang mit den speziellen organischen Funden sein: In Zanjān müssen mehrere Materialien an einem Ort konserviert werden. Der Fokus liegt auf den menschlichen Überreste bzw. natürlich entstandene Mumien, Leder und Textilien. Die Ergebnisse gehen ein die Ausstellung „Tod im Salz – Mumien aus Persien“ (Arbeitstitel), die am 24. März 2020 im Archäologischen Museum in Frankfurt eröffnet wird.

Hintergrundinformation: 1993 stießen Arbeiter bei Abbauarbeiten in dem damals noch aktiven Salzbergwerk (Douzlākh) bei Chehrābād auf Überreste mehrerer mumifizierter Körperteile. Erste wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass es sich um einen vor 1.300 Jahren verstorbenen Mann handelte, der in der späten parthischen oder frühsassanidischen Zeit gelebt hatte. Trotz dieses historisch wertvollen Fundes blieb das Salzbergwerk aktiv. Etwa zehn Jahre später sind erneut mumifizierte Körperteile entdeckt worden. Die regionale Denkmalbehörde leitete daraufhin Notgrabungen ein, bei denen weitere, teilweise mumifizierte Körper aufgefunden wurden. Nachdem der kommerzielle Salzabbau in Douzlākh eingestellt wurde, forscht seit 2007 ein Team aus iranischen, deutschen und britischen Archäologen in dem ehemaligen Salzbergwerk. Die Wissenschaftler fanden in den Jahren 2004/2005 und 2010 weitere Reste von insgesamt mindestens sechs Salzmumien, die mehrheitlich im Zolfaghari-Museum in Zanjān sowie im Nationalmuseum in Teheran aufbewahrt werden. Es wird vermutet, dass Bergmänner bei mehreren schweren Grubenunglücken in der Zeit zwischen ca. 400 v. Chr. und dem fünften / sechsten Jahrhundert n. Chr. zu Tode kamen. Irans „Salzmänner“ sind derzeit weltweit die einzigen erhaltenen Beispiele von Salzmumien.

Zwei Leibniz-Forschungsmuseen in einem Projekt

Deutsches Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen
Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum ist eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft. Erforscht, bewahrt und vermittelt wird epochenübergreifend die Geschichte der Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von Georessourcen. Zu den forschenden Bereichen gehören: Archäometallurgie, Bergbaugeschichte, Materialkunde, Montanarchäologie sowie das Forschungslabor und das Montanhistorische Dokumentationszentrum (montan.dok).

Römisch-Germanisches Zentralmuseum | Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie
Das RGZM ist ein international tätiges Forschungsinstitut und Museum für Archäologie mit drei Standorten in Rheinland-Pfalz (Mainz, Mayen, Neuwied). Seit Gründung im Jahre 1852 widmet es sich dem materiellen Erbe der Menschheit vom Pleistozän bis zum Mittelalter mit dem Ziel, menschliches Verhalten, Handeln und Denken sowie Entwicklung und Transformation von Gesellschaften zu verstehen. Die Konzentration von verschiedensten Expertisen – darunter Archäologie, Naturwissenschaften, Restaurierung und IT – innerhalb des Instituts ermöglicht es, menschliche Hinterlassenschaften aus unterschiedlichen Perspektiven über einen Zeitraum von 2,6 Millionen Jahren zu untersuchen. Als eines von acht Leibniz-Forschungsmuseen vermittelt es seine Forschungsergebnisse an die Wissenschaftswelt und die breite Öffentlichkeit. Hierzu dienen Dauer- und Sonderausstellungen, Publikationen sowie diverse Veranstaltungen. Der hauseigene Verlag gibt drei Fachzeitschriften und zahlreiche wissenschaftliche Monografien heraus.

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