Pressemitteilung: Bergbaugeschichte auf Tellern: Herder-Service im Rundgang Kunst

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Im Deutschen Bergbau-Museum Bochum werden aktuell Teile eines bemerkenswerten Porzellanservices gezeigt. Das Service stammt aus den 1830er-Jahren und ist mit dem Namen von Siegmund August Wolfgang Freiherr von Herder eng verbunden. Mit 138 Teilen ist das Herder-Service erstaunlich umfangreich erhalten und dient heute als Zeugnis von Bergbaugeschichte. Zu sehen ist es ab sofort im Rundgang Kunst der Dauerausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum.

Das ausgestellte Porzellan, das sogenannte Herder-Service, ist eine Auftragsarbeit von Herders an die Porzellan-Manufaktur Meissen, vermutlich aus dem Jahr 1832. Ursprünglich muss das Service 146 Teile umfasst haben. Es gilt bis heute als ausgesprochen umfangreiches Zeugnis von bergbaulicher Kultur.

Die Motive auf den 19 erhaltenen kleinen Tellern spiegeln von Herders Verbundenheit zum Bergbau wider. Sie zeigen historische und zeitgenössische Bergbautrachten und Szenen aus dem bergbaulichen Alltag. Ganz in der Tradition der Romantik handelt es sich nicht um realistische Abbildungen der oftmals beschwerlichen Lebensbedingungen, sondern um idealisierte Darstellungen. Die 21 erhaltenen großen Teller setzen wichtige Orte aus seinem Leben und seiner beruflichen Laufbahn in Szene. Sie zeigen bergbauliche Lokalitäten im Erzgebirge: ganze Städte, Einzelbauwerke, Hüttenanlagen und Bergwerke. Ergänzt wird das Service mit Teilen, die von Blumenmotiven (23 Teller) und geometrischen Formen (24 Teller) geziert werden. Aus Schriftwechseln über den Bestellvorgang geht hervor, dass die Porzellan-Manufaktur Meissen Georg Agricolas „De Re Metallica“ als Vorlage für Vorzeichnungen genutzt hat. Beteiligt an den Entwürfen war vermutlich auch der Architekt und Hochschullehrer Johann Eduard Heuchler (1801-1879), der an der Freiberger Bergakademie Zeichen- und Zivilbaukunst lehrte.

Siegmund August Wolfgang Freiherr von Herder (1776–1838) war Königlich Sächsischer Oberberghauptmann. Sein Vater war der Dichter Johann Gottfried Herder, seine Patenonkel unter anderem Johann Wolfgang von Goethe und Matthias Claudius. Zu von Herders Lebzeiten erfuhr der sächsische Bergbau einen wirtschaftlichen Aufschwung, von Herder selbst setzte sich für den Erhalt bergmännischer Traditionen ein und war als „Freund aller Knappen“ bekannt. Nachdem das Herzogtum Warschau im Zuge der napoleonischen Kriege 1809 vorübergehend zum gemeinsamen Besitz Österreichs und Sachsens erklärt wurde, war von Herder für die Verhandlungen auf sächsischer Seite zuständig.

Das Service bietet heute wertvolle Aufschlüsse über die Entwicklung und Geschichte des sächsischen Berg- und Hüttenwesens in den 1820er- und 1830er-Jahren. Aus seiner Entstehungsgeschichte kann zudem viel über die zeitgenössische Gesellschaft und romantisch-konservative Strömungen herausgelesen werden. Das Herder-Service befindet sich in Privatbesitz und wird in den Musealen Sammlungen des montan.dok bewahrt. Ausgestellt werden die rund 40 Teller mit Trachten und Bergbauorten im Rundgang Kunst der Dauerausstellung. Möglich ist dies, da die Porzellansammlung der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung aktuell an das Museum der Krakauer Salinen in Polen ausgeliehen ist. Dort wird sie vom 23. Mai bis 22. Oktober 2023 in der Ausstellung „Bergbau und Kunst – Die Middelschulte Porzellansammlung“ präsentiert.

Am 27. Juli 2023 gibt die Ausgabe „Goethe, Herder und der Bergbau“ der Kurzführung „Schon gewusst“ um 12:15 Uhr einen Einblick in die Besonderheiten des Herder-Services. Die Führung ist im Museumseintritt enthalten.