Research Projects
Die Sonderausstellung „Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ wird in einem eigenen Ausstellungsgebäude (DBM+) über zwei Etagen auf einer Grundfläche von ca. 800 qm gezeigt. Zur Anschauung gelangen insgesamt rund 800 Objekte, die aus dem Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) beim DBM sowie von rund 140 leihgebenden Institutionen stammen. Die Bandbreite reicht von Gemälden, Fotografien und Plakaten, Maschinenteilen und Modellen, Film- und Tonaufnahmen bis hin zu Objekten aus dem vergangenen Alltag in den Revieren und solchen mit hohem Gegenwartsbezug. In der Ausstellung werden einige Objekte erstmals überhaupt in einem Museum ausgestellt.
Die Szenografie nimmt den Gedanken von „unter die Grasnarbe schauen“ auf und arbeitet mit Kulissenbauelementen sowie natürlichen, größtenteils wiederverwendbaren Materialien. Die einzelnen Bereiche der Ausstellung verfügen über ein individuelles Design und bieten vielfältige Einblicke in Themen und Objekte. Die Besuchenden sind immer wieder eingeladen, ihre Perspektive zu verändern, Ansichten zu hinterfragen. Das Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt wird auch in das Ausstellungserleben überführt. In der Sonderausstellung werden immer wieder Perspektiven, Haltungen und Ereignisse gegenübergestellt. Ähnlich wie die Komplexität von gesellschaftlichen und politischen Prozessen nimmt auch die Verdichtung von Elementen und Exponaten mal ab und mal zu. Rund 20 Leitobjekte werden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und in geschichtliche, zeitgenössische, museale oder objektgeschichtliche Zusammenhänge gesetzt. Während also über die genannten (teils ehemaligen) Bergbauregionen Lausitz, Wismut-Gebiete und Ruhrrevier räumliche Konstanten adressiert werden, die zwischen 1949 und 1989/90 zugleich den politisch-staatlichen Systemen von DDR und BRD zugeordnet waren, fokussiert das Ausstellungsnarrativ den Vergleich dieser Regionen in teils chronologisch, teils diachron angeordneten Zeitschichten.
Die Ausstellung beginnt „Hier und jetzt“ in der Gegenwart und empfängt die Besuchenden mit einer Foto- und Klanginstallation aus den drei renaturierten Landschaften sowie einer Gegenüberstellung von zwei Kunstwerken, mit denen das Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt verdeutlicht wird. Es folgt ein Einblick in die ehemaligen Bergbaureviere anhand von Film- und Fotoaufnahmen. Weiter geht es im Ausstellungsbereich „Glückauf ohne Grenzen“, der neben den Grundlagen zu den drei Bergbausparten – in zeitlicher Dimension im Rückgriff auf die Entstehung von Lagerstätten in geologisch fassbaren Erdzeitaltern – auch die Einflüsse auf die Umwelt und den Alltag in den drei Revieren im Rückblick vermittelt. Auf Basis dieser Grundlagen geht die Reise dann in „Kein Zurück zur Natur“ in die Reviere nach dem Bergbau. Dieser Bereich führt in wissenschaftliche und politische Rahmenbedingungen ein, die geschaffen werden müssen, damit aus den Revieren Folgelandschaften als Natur aus zweiter Hand werden können. Die Ausstellung bietet dabei spannende Erkenntnisse in bislang wenig bekannte Forschungsvorhaben der BRD und der DDR und legt offen, dass Umweltschutz in Deutschland keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist. Deutlich wird dies im Teil „Auf zur Umweltunion“, in dem politische Entscheidungsprozesse in beiden Staaten ebenso erläutert werden wie Bewegungen aus der Bevölkerung heraus, die besonders ab den 1980er-Jahren zu einem Umdenken in der Politik geführt haben. Zum Abschluss der Ausstellung steht die Frage „Und nun?“, wobei Umweltpolitik, Proteste und Bergbau in Gegenwart und Zukunft anhand von Objekten mit hohem Gegenwartsbezug vermittelt werden.
Hierzu soll in einem ersten Schritt ein Fragebogen entwickelt werden, der die Intensität der Beschäftigung mit den verschiedenen Ausstellungsabschnitten, dargestellten historischen Zeitabschnitten und Regionen erfasst sowie anhand einer Serie von Ausstellungsobjekten analysiert, inwieweit es den Befragten im Anschluss an den Ausstellungsbesuch gelingt, die Objekte in der Ausstellung, in den thematisierten Regionen sowie in den historischen Zeitabschnitten zu verorten. Weitere Abschnitte des Fragebogens betreffen Objektpaare aus unterschiedlichen Ausstellungsabschnitten sowie die Erhebung demographischer Variablen (Alter, Geschlecht, Herkunftsregion, etc.).
In einem zweiten Schritt soll der Fragebogen von einer Stichprobe von mindestens 100 Besuchenden (Zielgröße 200 Besuchende) unmittelbar im Anschluss an ihren Ausstellungsbesuch auf freiwilliger Basis ausgefüllt werden. In der darauffolgenden Phase werden die Daten am Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM), Tübingen, von wissenschaftlichen Hilfskräften transkribiert und kodiert, statistisch ausgewertet und schließlich von den Projektpartnern gemeinsam interpretiert. Darüber hinaus ist für den Herbst 2022 eine zweite Erhebung angedacht, bei der Besuchende zusätzlich mit Orientierungshilfen für die Ausstellung ausgestattet werden.
Project informations
Deutsches Bergbau-Museum Bochum, montan.dok
15.07.2022 – 31.03.2023
Forschungsprojekt
Leibniz-Forschungsverbund „Wert der Vergangenheit“
Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM), Tübingen
Leibniz-Forschungsverbund „Wert der Vergangenheit“
gefördert durch
- Michael Farrenkopf/Regina Göschl (Hrsg.): Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich. Begleitband zur Sonderausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum im Jahr 2022, Berlin/Boston 2022 (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Nr. 251; = Schriften des Montanhistorischen Dokumentationszentrums, Nr. 44).