DER ANSCHNITT Ausgabe 1-2|2020

ISSN 0003-5238
Einzelheft 9,– €
Doppelheft 18,– €
Jahresabonnement (6 Hefte) 54,– €

Inhalt

Im Titelbeitrag stellen Dr. Katharina Malek und Georg Drechsler M.A. vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Montanarchäologie in Goslar, Dipl.-Inf. Wilhelm Hannemann und Jessica Meyer M.A. vom Institut für Geotechnik und Markscheidewesen der Technischen Universität Clausthal sowie Dr. Hans-Georg Dettmer und Dr. Astrid Schmidt-Händel vom WELTKULTURERBE RAMMELSBERG Museum & Besucherbergwerk neue Forschungen zum Rammelsberg im Rahmen des Vorhabens „Altbergbau 3D – Ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung des montanhistorischen Erbes im Harz“ vor. Ziel ist die Verbindung eines hochaufgelösten 3D-Modells des Grubengebäudes des Rammelsbergs mit einer montanarchäologischen und historischen Untersuchung, um auf diesem Weg ein detaillierteres Verständnis der montanen Entwicklungen über die Jahrhunderte hindurch zu erhalten. Die interdisziplinären Untersuchungen konzentrieren sich auf drei Grubenräume mit den Schwerpunkten Erzabbau und Wasserhaltung.

Prof. Dr. Manfred Mücke, Dresden, stellt die „Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes“ des Königlich Sächsischen Oberbergrates Georg Ernst Otto und seine Kritik am sächsischen Gesetz über den Regalbergbau vom 22. Mai 1851 in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Otto äußerte sich u. a. kritisch zum Begriff der Bergregalität, zum Inhalt des Bergbaurechts, zu Kux und Aktie im Bergrecht, zur Gründung von Gewerkschaften sowie zur rechtlichen Trennung des Hüttenwesens vom Bergrecht. Er warf damit im Umfeld der bergrechtlichen Liberalisierungstendenzen Mitte des 19. Jahrhunderts Fragestellungen auf, die auch für die Bergrechtswissenschaft bedeutsam waren und in der Literatur nicht unbeachtet blieben.

Das Auslaufen der aktiven Steinkohlengewinnung in Deutschland zum Jahresende 2018 bildete den Anlass für zahlreiche historische Rückblicke und Darstellungen. Dr. Christoph Bartels, langjähriger Leiter des Bereichs Bergbaugeschichte beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum, attestiert diesen in seinem Beitrag tendenziell einen zu starken Schwerpunkt auf dem Industriezeitalter und eine damit verbundene falsche Wahrnehmung eines vorindustriellen Europas als „Welt fast ohne Steinkohle“. Anhand des Ruhrbergbaus, der Steinkohlenregionen von Lüttich und Minden-Ravensberg sowie ausgewählter Reviere Britanniens stellt er exemplarisch dar, dass sich in Europa seit dem 13. Jahrhundert regional ein florierender Bergbau entwickelte, der schon in dieser Zeit ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor mit Ausstrahlung in alle Lebensbereiche war.

Dr. Marco Rudzinski, Bochum, behandelt am Beispiel des Bochumer Vereins für Bergbau und Gussstahlfabrikation die Entwicklung des Zechenwohnungsbaus eines vertikalen Unternehmens im Ruhrgebiet vor dem Ersten Weltkrieg. Im Zentrum der Darstellung stehen die verschiedenen internen Motive für den Bau sowie relevante externe Faktoren. Die behandelten Kolonien spiegeln dabei verschiedene Stadien des regionalen Zechenwohnungsbaus im Ruhrgebiet wider.

Ergänzt wird das Heft wie gewohnt durch Tagungsberichte und Miszellen zu verschiedenen Themen sowie mehrere Rezensionen.

ISSN 0003-5238
Einzelheft 9,– €, Doppelheft 18,– €, Jahresabonnement (6 Hefte) 54,– €

  • Katharina Malek|Hans-Georg Dettmer|Wilhelm Hannemann|Astrid Schmidt-Händel|Georg Drechsler|Jessica Meyer
    Neue Forschungen zum Rammelsberg im Rahmen des Vorhabens „Altbergbau 3D. Ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung des montanhistorischen Erbes im Harz“
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  • Der Harz und der Rammelsberg (Abb. 1) zählen zu den bedeutendsten Montanregionen Europas. Spätestens seit der Bronzezeit wurden dort Rohstoffe gewonnen und verhandelt. Dieser Bedeutung trug die UNESCO 1992 Rechnung, als sie den Rammelsberg, wo der Metallerzbergbau mindestens tausend Jahre lang nahezu ununterbrochen stattgefunden hatte, zusammen mit der Altstadt von Goslar zum Kulturerbe der Menschheit erhob und dieses 2010 um die frühneuzeitliche Oberharzer Wasserwirtschaft erweiterte. Im Jahr 2017 wurden unter der Federführung der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Gelder für ein auf drei Jahre ausgelegtes interdisziplinäres Projekt erfolgreich beantragt. Ziel dieses Projektes ist es zum einen, ausgewählte Grubenräume des Rammelsberges zu erforschen und zum anderen, Bergbaumodelle in die zu erstellenden digitalen Modelle dieser Grubenräume einzubinden. Die Verbindung des hochaufgelösten georeferenzierten 3D-Modells mit detaillierter archäologischer Befundaufnahme unter Tage und zielgerichteten historischen Recherchen lässt ein besseres Verständnis dieser Grubenräume in ihrem zeitlichen und historischen Kontext erwarten. Drei Grubenräume (Abb. 2) werden einer genaueren Betrachtung unterzogen. Sie wurden ausgewählt unter dem Aspekt der räumlichen Verortung im über- und untertägigen Kontext sowie der thematischen Schwerpunktsetzung auf den Erzabbau und die Wasserhaltung. Dabei werden als Nebenaspekte von Seiten der Ingenieurwissenschaften gleichzeitig neue Lösungsansätze bei Problemen von untertägigen 3D-Aufnahmen erarbeitet, aus archäologischer Sicht erfolgt eine ausführliche Dokumentation des Istzustandes, während die genaue Sichtung der historischen Quellen wahrscheinlich deren Neubewertung zur Folge haben wird. Projektpartner sind das Landesamt, das WELTKULTURERBE RAMMELSBERG – Museum & Besucherbergwerk und das Institut für Geotechnik und Markscheidewesen der Technischen Universität Clausthal. Ferner unterstützen die Stiftung Welterbe im Harz, die als Trägerin des Oberharzer Bergwerksmuseums in Clausthal-Zellerfeld die betreffenden Bergbaumodelle zur Verfügung stellt, sowie die Bergbau Goslar GmbH die Arbeiten. Das Ministerium fördert das Vorhaben im Rahmen der eHeritage- Richtlinie mit rund einer halben Million Euro. Startpunkt für das Projekt war Frühjahr 2018.
  • Manfred Mücke
    Die „Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes“ des Königlich Sächsischen Oberbergrates Georg Ernst Otto und seine Kritik am sächsischen Gesetz über den Regalbergbau vom 22. Mai 1851
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  • Georg Ernst Ottos „Studien“ erschienen 1856 – sechs Jahre nach seiner Ernennung zum Mitglied des Freiberger Oberbergamtes im Range eines Oberbergamtsassessors (Abb. 1). Es ist unzweifelhaft, dass ihr Inhalt zumindest in der Bergverwaltung Sachsens auf wenig Gegenliebe stieß, wenn darin zu lesen war, dass das Gesetz über den Regalbergbau vom 22. Mai 1851 „höchst ungenügend und ganz ungeeignet [ist], den Bergbau als dasjenige Gewerbe, welches aus nationalökonomischen Gründen unter allen Gewerben im Staate die erste Stelle einnehmen muss, in der Art zu fördern, dass der Kapitalist sich veranlasst fühlen könnte, entsprechende Geldsummen auf die schwunghafte Erhebung des Bergbaus zu verwenden“. Das sächsische Finanzministerium sah noch in einem Erlass vom 1. August 1858 an die unterstellten Bergbehörden nicht in der Gesetzgebung einen Änderungsbedarf, sondern im Vollzug des vergleichsweise liberalen Gesetzes über den Regalbergbau (Erzbergbau). In der Hauptsache rügte das Finanzministerium, dass den Bergbautreibenden nicht die „möglichst unbeschränkte Benutzung ihres Bergwerkseigentums“ durch die konservative Bergverwaltung gestattet wurde.
  • Christoph Bartels
    Europa vor 1750: Keine „Welt (fast) ohne Kohle“. Zur Geschichte des europäischen Bergbaus in vorindustrieller Zeit, insbesondere auf Steinkohle
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  • Im Dezember 2018 endete die Steinkohlenförderung in der Bundesrepublik Deutschland. In vielen anderen europäischen Ländern war dies schon Jahre bzw. Jahrzehnte vorher geschehen. Inzwischen werden die Weichen für eine baldige Einstellung auch der Braunkohlegewinnung gestellt. Unter den Vorzeichen der negativen Einwirkungen auf das globale Klima will man den Gebrauch fossiler Brennstoffe hierzulande möglichst rasch und möglichst umfassend zurückdrängen und perspektivisch fast ganz aufgeben. Das allerdings wird Zeit beanspruchen. Auch Deutschland wird noch für viele Jahre Steinkohle verbrauchen und also importieren. Das Ende der Steinkohlenförderung hierzulande markiert weit mehr als das Auslaufen eines sehr bedeutenden Industriezweiges, der die Industrialisierung weltweit in großem Maß mitbestimmt hat. Es markiert auch den Beginn einer großen Umwälzung mit offenem Ausgang. Es ist somit verständlich, dass die Einstellung des Abbau- und Förderbetriebs in den letzten Steinkohlezechen Anlass für Darstellungen der Geschichte des Bergbaus, besonders seiner industriellen Epoche, bildet. Es entstanden unterschiedliche Publikationen, Ausstellungen und Filmdokumentationen. Kaum eine Zeitung und kaum ein Magazin verzichteten auf eine mehr oder weniger umfassende Berichterstattung, historische Rückblicke inklusive. Während in den Darstellungen hinsichtlich des Industriezeitalters einheitlich die Auffassung herrscht, dass hier der Bergbau insgesamt – und insbesondere der Steinkohlenbergbau – von herausragender Bedeutung war und in vielen Ländern der Welt bis heute ist, fällt die Beurteilung der vorindustriellen Zeit widersprüchlich aus. Die gemeinsame Ausstellung des Ruhr Museums Essen und des Deutschen Bergbau-Museums Bochum in der Kokerei Zollverein als Teil der UNESCO-Welterbe-Stätte Zollverein mit dem Titel „Das Zeitalter der Kohle – eine europäische Geschichte“ (27. April bis 11. November 2018) definierte ca. 1750 als Beginn dieses Zeitalters, das besonders außerhalb Europas vielfach noch sehr gegenwärtig ist. Wenn man den Blick auf Europa lenkt, wie die Ausstellung und das zugehörige Katalogbuch das schon im Titel tun, deckt sich dies mit dem ungefähren Beginn der Industrialisierung, was ganz besonders an den britischen Inseln und hier speziell an der Geschichte Englands (aber auch Frankreichs, sowie der Region des ehemalige Oberschlesien und z. B. den Territorien Braunschweig und Kurhannover) abzulesen ist. Erstaunlicher Weise stellt jedoch in seinem Beitrag zur Umweltbelastung durch den Gebrauch von Kohle im Katalogbuch der Autor des Kapitels Umwelt, Christoph Schurian, folgendes fest: Es sind „erste Klagen“ über durch Kohlenbrand verursachte Zeitalte „feuchtrauchige Luft“ in London „für das 13. Jahrhundert belegt. 1306 wurde nach Protesten des Parlaments ein königliches Verbot gegen Kohlefeuer verhängt, doch die Stadt war da schon im Zeitalter der Kohle angekommen“, denn: „Die britische Insel war da schon lange Inbegriff für schlechtes Klima und schlechte Luft. Der Londoner Nebel raubte den Bewohnern nicht nur die Sicht, er erschwerte auch das Atmen. In der Stadt am Themseufer zog regelmäßig eine gelb-bräunliche Suppe auf, der sog.; ‚Pea-Soup-Fog‘“. Wenn in London zu Beginn des 14. Jahrhunderts Zustände eintraten, die sich offensichtlich nicht von denen in chinesischen Großstädten unterscheiden, die gegenwärtig unter Luftbelastung – nicht zuletzt durch den reichlichen Gebrauch von Steinkohle – zu leiden haben, scheint die Feststellung gerechtfertigt, dieses London sei schon seinerzeit – und nicht erst um 1750 – im Zeitalter der Steinkohle angekommen gewesen. Dann hätte dieses Zeitalter für Europa eben nicht 1750, sondern – zumindest in wichtigen Regionen – schon Jahrhunderte zuvor begonnen.
  • Miszellen Anschnitt Ausgabe 1-2|2020
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  • Im Rahmen des von der RAG-Stiftung geförderten Vorhabens „montan.dok 21. Überlieferungsbildung, Beratungskompetenz und zentrale Serviceeinrichtung für das deutsche Bergbauerbe“ veranstaltete das Montanhistorische Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM) vom 5. bis 7. Dezember 2019 die internationale Fachtagung „Materielle Kulturen des Bergbaus | Material Cultures of Mining“. Ziel der Tagung im DBM war es, neuere Ansätze der Material Culture Studies methodisch zu reflektieren und auf die jüngere Geschichte des Bergbaus anzuwenden. Nationale und internationale Vortragende setzten sich in moderierten Panels in Fallbeispielen mit unterschiedlichen Objektkategorien auseinander, wobei Wissensobjekte
    (Rohstoffe und Modelle), Technische Objekte, Alltagsobjekte verschiedener Epochen und Gedächtnisobjekte unter dem Aspekt der Musealisierung im Mittelpunkt standen. Die Vorträge wurden in deutscher oder englischer Sprache gehalten.
  • Rainer Slotta
    Werner Petzold: Wandbild „Friedliche Nutzung der Atomkraft“, 1972-1974
    Email auf Stahlblech, 16 m x 12 m
    Ehemaliger Standort: Wismut-Bergbaubetrieb Paitzdorf; Nr. 170, heutiger Standort: Löbichau
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  • Das monumentale, aus 384 emaillierten Stahlplatten zusammengesetzte Wandbild „Friedliche Nutzung der Atomkraft“ befand sich ursprünglich an der Schmalseite des vierstöckigen Verwaltungsgebäudes des zur Wismut gehörenden Bergbaubetriebes Paitzdorf bei Ronneburg in Thüringen. Es wurde nach der Stilllegung der Aktivitäten auf der Uranerzlagerstätte auf freiem Felde von Löbichau im Rahmen der Bundesgartenschau Ronneburg an einer rekultivierten Örtlichkeit unter der programmatischen Bezeichnung „Resurrektion Aurora“ wiederrichtet. Der Schöpfer des insgesamt 2,5 t schweren Wandbildes ist der am 5. März 1940 in Leipzig geborene Maler und Grafiker Werner Petzold, der als Vertreter des sogenannten Sozialistischen Realismus zu den wichtigsten und bekanntesten bildenden Künstlern der DDR und Urhebern von verschiedenen Schöpfungen in den Kunstsammlungen der ehemaligen Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft der Wismut zählt. Nach einer Lehrausbildung als Lithograf (von 1954 bis 1957) begann Petzold im Jahre 1959 sein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in den Fächern Grafik und Malerei bei Bernhard Heisig (1925-2011). Er war zudem Schüler von Wolfgang Mattheuer (1927-2004) und Werner Tübke (1929-2004), seinen Abschluss erhielt er im Jahre 1964. Von 1967 an war er Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR, arbeitete als Dozent an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Berlin-Oberschöneweide und war unter anderem von 1969 bis 1971 Assistent von Heinz Wagner (1925-2003). Seit 1971 war er als freischaffender Künstler tätig, von 1974 war er Leiter der Förderklasse für Grafik und Malerei in Gera. 1981 fungierte er als künstlerischer Leiter des an der Ostseeküste stattfindenden. Internationalen Symposiums für Maler und Grafiker in Zinnowitz. Von 1968 bis 1983 erhielt Petzold als Maler zahlreiche Aufträge von der „Wismut“ zur Anfertigung von Bildwerken, die eine positive Stimmung gegenüber dem sozialistischen System vermitteln und die Werktätigen in der Befolgung des 1959 eingeschlagenen „Bitterfelder Weges“ zur Beschäftigung mit der Kunst und zur Schaffung einer eigenständigen sozialistischen Nationalkultur bewegen sollten.
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