Der Anschnitt Heft 6|2021 erschienen
Mag. Tobias Pamer, Mag. Mag. Dr. Georg Neuhauser und Mag. Andreas Maier vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck widmen sich in ihrem Titelbeitrag der Georessource Holz und ihrer Bedeutung für das Montanwesen im Tiroler Inntal während des 16. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen die Trift aus dem Brandenbergertal und die landesfürstliche Schmelzhütte Brixlegg. Im Tiroler Raum begann mit dem Bergbauboom an der Wende zur Neuzeit eine großangelegte Erzgewinnung und -verarbeitung, die ungeheure Mengen an Gruben- und Brennholz benötigten, das in den Tälern der Grafschaft Tirol zunächst mühsam geschlagen und ins Tal transportiert werden musste. Der Großteil stammte aus dem Brandenbergertal. Der Beitrag betrachtet das Thema umfassend. Ausgehend von der Frage, was überhaupt als Wald definiert wurde, beschreibt er die vielfältigen damit verbundenen juristisch-historischen Begriffe und wirtschaftspolitischen Interessenslagen, den Ablauf der Holzgewinnung und des Transports mittels der Trift über Fließgewässer, die damit einhergehenden Problemfelder, die Strategien der Holzwirtschaft und die divergierenden Interessensphären diverser Akteure.
Dr. Silke Haps, Lena Zirkel und Dr. Torsten Meyer vom Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) am Deutschen Bergbau-Museum Bochum befassen sich mit Stahlverbundfertighäusern im Ruhrgebiet und damit mit einem bislang kaum untersuchten Thema. Die Häuser entstanden vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Stahlindustrie versuchte, neue Absatzmärkte zu erschließen. Dabei konnten die Unternehmen einerseits an Erfahrungen aus der Zwischenkriegszeit anknüpfen, beschritten aber andererseits mit Blick auf die Konstruktion und die Materialentwicklung neue Wege. Allerdings sollte den Stahlverbundhäusern kein längerfristiger Erfolg beschieden sein, sie hielten sich zeitlich nur sehr begrenzt auf dem Markt. Der Beitrag konzentriert sich auf Stahlverbundfertighäuser von Krupp, die in den 1960er Jahren in der sogenannten Professorensiedlung – einem Teil der Universitätswohnstadt – in Bochum errichtet wurden. Die Ausführungen zur Planung, städtebaulichen Einbindung, Konstruktion und Sozialstruktur bilden die Basis weiterführender Überlegungen über diese Produkte als integralem Bestandteil des industriekulturellen Erbes der Region.
Die Vorstellung neuer Untersuchungen zur Erzgewinnung im Rammelsberg und der Auswertung des historischen Tischmodells der Oberharzer Wasserwirtschaft im Rahmen des Vorhabens „Altbergbau 3D. Ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung des montanhistorischen Erbes im Harz“ erweitert die Reihe der zu diesem Projekt bereits im Anschnitt erschienenen Beiträge. Wie gewohnt ist sie eine Gemeinschaftsarbeit von Dr. Katharina Malek-Custodis und Georg Drechsler M. A. vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Montanarchäologie in Goslar, von Dr. Hans-Georg Dettmer und Dr. Astrid Schmidt-Händel vom Weltkulturerbe Rammelsberg Museum & Besucherbergwerk und von Dipl.-Inf. Wilhelm Hannemann und Dr. Tanja Schäfer vom Institut für Geotechnik und Markscheidewesen der Technischen Universität Clausthal. Montanarchäologisch wurde eine alte Abbauweite genauer untersucht, die am westlichen Ausläufer des Alten Lagers liegt. Sie stellt einen komplexen Hohlraum dar, in dem es gelang, verschiedene zeitliche Phasen herauszuarbeiten. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Neuentdeckung eines Prospektionsstreckensystems aus dem 9./10. Jahrhundert, bei dem sich bereits bestimmte Konventionen zur Prospektion fassen lassen, die allgemein erst ab dem 13. Jahrhundert schriftlich überliefert sind. Die Auswertung historischer Quellen zeigte, dass verschiedene Techniken am Rammelsberg früher verwendet wurden, als allgemein angenommen. So konnten die Gaipelförderung für die Grube Bleizeche am Rammelsberg bereits für das ausgehende 15. Jahrhundert und der Einsatz von Kehrrädern am Rammelsberg schon für die Zeit kurz nach 1450 belegt werden. Damit handelt es sich um eine der frühesten, wenn nicht sogar die früheste Erwähnung eines Kehrrades. Weiterhin werden anhand des digitalisierten Tischmodells von 1892 verschiedene Möglichkeiten der Auswertung durch Verschneidung mit anderen Digitalisaten aufgezeigt.
Wie gewohnt ergänzen Rezensionen und Miszellen das Heft.
DER ANSCHNITT ist das einzige montanhistorische Periodikum von internationaler Bedeutung. Jährlich erscheinen sechs Hefte mit umfangreichen Aufsätzen zu allen Epochen der Bergbaugeschichte; Kurzbeiträge beleuchten einzelne Forschungsaspekte und -ergebnisse. Jedes Heft enthält zudem einen Rezensionsteil und eine Beilage über die „Meisterwerke bergbaulicher Kunst und Kultur“.
DER ANSCHNITT kann über die Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e. V. (VFKK) bezogen werden. Sabine Birnfeld, sabine.birnfeld@bergbaumuseum.de, +49 (0)234-5877 193 bzw. über den Online-Shop.