Neue Ausgabe von DER ANSCHNITT veröffentlicht

Das Doppelheft Nr. 4-5 von "DER ANSCHNITT - Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau" ist erschienen und ab sofort im Museumsshop des DBM erhältlich. Jährlich erscheinen sechs Hefte mit umfangreichen Aufsätzen zu allen Epochen der Bergbaugeschichte; Kurzbeiträge beleuchten einzelne Forschungsaspekte und –ergebnisse. Jedes Heft enthält einen Rezensionsteil und eine Beilage über die „Meisterwerke bergbaulicher Kunst und Kultur“. Inhalt des aktuellen Heftes sind vier Beiträge, die unterschiedliche Zeiträume und Forschungsfelder abdecken und damit idealtypisch die große thematische Breite der Zeitschrift widerspiegeln.

Dr. Christine Hemker, Frank Schröder und Heide Hönig vom Landesamt Archäologie Sachsen befassen sich in ihrem Beitrag mit vergleichenden archäologischen Untersuchungen zu den mittelalterlichen Bergwerken von Dippoldiswalde und Niederpöbel im Osterzgebirge. Bis vor wenigen Jahren spielte die Region eine eher marginale Rolle bei der Betrachtung montanarchäologischer und/oder -historischer Zusammenhänge. Dies sollte sich im Herbst 2008 mit der Entdeckung mittelalterlicher Bergwerke in Dippoldiswalde und weitere zwei Jahre später in Niederpöbel schlagartig ändern. Die umfassenden archäologischen Untersuchungen der gut erhaltenen Befund- und Fundkomplexe durch den Forschungsschwerpunkt Montanarchäologie und das Internationale Forschungsprojekt ArchaeoMontan haben seitdem den Kenntnisstand beispielsweise zur Organisation eines Bergwerksbetriebes während des 12./13. Jahrhunderts erweitert. Die Daten liefern zudem eine breite und solide Befundbasis, die erstmals für das 12./13. Jahrhundert vergleichende Untersuchungen an den Grubengebäuden der beiden nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegenden Bergbaureviere zulässt. So unterscheiden sich die Bergwerke in Form und Anlage deutlich voneinander, was auf technisch-logistisch aufeinanderfolgende Betriebsstadien sowie auf die unterschiedlichen Ziele des jeweils betriebenen Bergbaus zurück zu führen ist. Während in Dippoldiswalde die Gewinnung und Förderung von Silbererzen in vollen Zügen umging, wurden diese in Niederpöbel mithilfe eines umfangreichen und durchaus kostspieligen Prospektionsbergbaus gesucht und nicht gefunden. Lediglich in einer der insgesamt 141 Geoproben konnte ein nennenswerter Silbergehalt (0,036%) nachgewiesen werden. Zudem werden die beiden hochmittelalterlichen Bergbaureviere auch im Kontext regionaler und lokaler Herrschafts- und Besitzverhältnisse betrachtet, die mit Fragen zur Rentabilität und Finanzierung solcher Bergbauunternehmungen verknüpft werden müssen.

Dr. Hendrik Friggemann, Leiter des Universitätsarchivs der Universität Duisburg-Essen, zeichnet am Beispiel der Rheinisch-Westfälischen Hüttenschule Bochum bzw. der Königlichen Maschinenbau- und Hüttenschule Duisburg die Entwicklung einer für das Ruhrgebiet bedeutenden Fachschule zur Ausbildung von Werkmeistern und Betriebsbeamten bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs nach. Die Einrichtung wurde 1882 in Bochum als städtische Schule gegründet und siedelte 1891 nach Duisburg über, wo sie in die Trägerschaft des Staates überging. Im Zuge der industriellen Revolution in Deutschland und der anschließenden Hochindustrialisierungsphase wurden angesichts der technischen und arbeitsorganisatorischen Ausdifferenzierung an solchen Fachschulen ausgebildete Fachkräfte im mittleren Management benötigt, um den steigenden Anforderungen von Industrie und Staatsverwaltung gerecht zu werden. Seit Ende der 1870er Jahre staatlicherseits vernachlässigt, grenzte sich das Technische Fachschulwesen in Preußen zwischen 1890 und 1910 vom allgemeinbildenden Schulwesen ab und wurde als eigenständiges Bildungssystem unterhalb akademischer Bildungswege verankert. Neben der wirtschaftlichen Bedarfsdeckung verfolgte dieser Prozess auch das sozialpolitische Ziel der Herrschaftsabsicherung der technischen Funktionseliten in Deutschland.

Miroslav Lacko, PhD, Universität Ostrava (Tschechische Republik), untersucht in seinem Beitrag das Verwaltungs- und Wirtschaftssystem in den ungarischen und deutschen frühneuzeitlichen Bergbaugebieten in vergleichender Perspektive. In dieser Phase gehörten diese Bergbauregionen zu den bedeutendsten bergbaulichen Produktionszentren der damaligen Welt. Die Landesherren setzten zur Sicherung der Vorherrschaft des Staates auf ein durchorganisiertes Verwaltungs- und Wirtschaftssystem, das von einer umfassenden staatlichen Beamtenschaft durchgesetzt wurde. Im Harz und in Sachsen entfaltete sich so das bekannte Direktionssystem. Teilweise ähnliche Tendenzen lassen sich auch in den ungarischen Revieren verfolgen, insbesondere ab dem Ende des 17. Jahrhunderts nach der Niederlage des Osmanischen Reiches im Königreich Ungarn und der Stabilisierung der staatlichen Macht unter den Habsburgern. Diese lösten vielfältige Wandlungen im damaligen System der Bergbauverwaltung aus und leiteten eine staatliche Hegemonie im frühneuzeitlichen ungarischen Berg- und Hüttenwesen ein. Die Entwicklung in den deutschen und ungarischen Montangebieten bietet zahlreiche Möglichkeiten für vergleichende historische Forschungen.

Im vierten Beitrag widmet sich Dr. Eva-Maria Roelevink vom Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte der Ruhr-Universität Bochum einem bislang unerforschten Feld der Kartellgeschichte des Ruhrbergbaus. Das Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat (RWKS), das mächtigste Syndikat im „Land der Kartelle“, gründete seine sprichwörtliche Marktmacht auf der Bindung verschiedener Handelsagenten. Über eine ausdifferenzierte Absatzorganisation, die auf der Vergabe von Exklusivrechten und Eigentumsrechten beruhte, gelang es dem Syndikat, eine stark zentralisierte und dem Syndikat dienende Handelsstruktur auszubilden, über die bisher nur wenig bekannt ist. Dies gilt insbesondere für die beteiligten Handelsunternehmen und Transportunternehmen. Das Bunkerkohlengeschäft bildete ein Nischengeschäft in der Absatzorganisation des Syndikats und wurde vom Deutschen Kohlendepot (DKD) ausgeführt, das sich dennoch zum größten und sicherlich auch bedeutendsten deutschen Bunkerkohlenunternehmen entwickelte. Der Beitrag geht der Beziehung zwischen RWKS und DKD zwischen 1905 und 1947 nach und zeichnet dabei die Veränderungen in der Beziehung von Kartell und Bunkerkohlenunternehmen nach.

Abgerundet wird das Heft durch mehrere montanhistorische und archäologische Tagungsberichte und diverse Rezensionen.

Die aktuelle Ausgabe von DER ANSCHNITT kann über die Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e.V. (VFKK) bezogen werden:
Sabine Birnfeld, sabine.birnfeld@bergbaumuseum.de