Pressemeldung: „Gras drüber …“ – Sonderausstellung zu Umweltpolitik und Rekultivierung

Gegenüberstellung Bild von Willi Sitte und Installation von Eberhard Göschel

Willi Sitte und Eberhard Göschel | Foto: PLZZO photography

Erstmals in der Geschichte des Deutschen Bergbau-Museums Bochum widmet sich eine Sonderausstellung dem Thema Umweltpolitik und Rekultivierung: „Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ möchte aus einer historischen Perspektive kommend zu einem reflektierten Umgang mit Umweltfragen in Gegenwart und Zukunft beitragen. Anhand der drei Bergbaureviere Ruhrgebiet, Lausitz und Wismut-Gebiete und der dort gewonnenen Bodenschätze werden Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte geboten. Die Sonderausstellung zeigt dabei auch Objekte, die erstmals in Museen präsentiert werden. Die Ausstellung wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und ist vom 11. Juni 2022 bis zum 15. Januar 2023 im Museumserweiterungsbau DBM+ zu sehen. Der Eintritt zur Sonderausstellung kostet 3 Euro.

Die Sonderausstellung „Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ im Deutschen Bergbau-Museum Bochum will im wahrsten Sinne unter die Grasnarbe schauen. Sie beleuchtet drei Bodenschätze und zwei Staaten: den Steinkohlenbergbau in der BRD sowie in der DDR den Lausitzer Braunkohlentagebau und die Gewinnung von Uranerz in den Wismut-Gebieten. Dabei werden die wechselseitigen Verflechtungen auf politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene dargestellt. „Gras drüber …“ ist Teil eines durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens zur Stärkung der DDR-Forschung.

Zwei Staaten – drei Reviere – eine Geschichte

Die Ausstellung beginnt „Hier und jetzt“ und empfängt die Besuchenden mit einer Foto- und Klanginstallation aus den drei renaturierten Landschaften sowie einer Gegenüberstellung von zwei Kunstwerken, mit denen das Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt verdeutlicht wird. Es folgt ein Einblick in die ehemaligen Bergbaureviere anhand von Film- und Fotoaufnahmen. Weiter geht es im Ausstellungsbereich „Glückauf ohne Grenzen“, der neben den Grundlagen zu den drei Bergbausparten auch die Einflüsse auf die Umwelt und den Alltag der drei Reviere im Rückblick vermittelt. Auf Basis dieser Grundlagen geht die Reise dann in „Kein Zurück zur Natur“ in die Reviere nach dem Bergbau. Dieser Bereich führt in wissenschaftliche und politische Rahmenbedingungen ein, die geschaffen werden müssen, damit aus den Revieren Folgelandschaften als Natur aus zweiter Hand werden können. Die Ausstellung bietet dabei spannende Erkenntnisse in bislang wenig bekannte Forschungsvorhaben der BRD und der DDR und legt offen, dass Umweltschutz in Deutschland keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist. Deutlich wird dies im Teil „Auf zur Umweltunion“, in dem politische Entscheidungsprozesse in beiden Staaten ebenso erläutert werden wie Bewegungen aus der Bevölkerung heraus, die besonders ab den 1980er-Jahren zu einem Umdenken in der Politik geführt haben. Zum Abschluss der Ausstellung steht die Frage „Und nun?“, wobei Umweltpolitik, Proteste und Bergbau in Gegenwart und Zukunft anhand von Objekten mit hohem Gegenwartsbezug vermittelt werden.

„Unsere Arbeit an ‚Gras drüber ...‘ hat gezeigt, dass wir Haltungen und Thesen zu Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich korrigieren und teilweise neu bewerten müssen. Mit ‚Gras drüber …‘ wollen wir unsere Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit tragen und sie mit den Besuchenden teilen. Diese Sonderausstellung zeigt damit auch die Aufgabe eines Leibniz-Forschungsmuseums: Wir übersetzen Forschung mit Exponaten in Bilder und unmittelbares Erleben und wollen mit unserem Tun einen Beitrag zu aktuellen gesellschaftlichen Themen bieten“, sagt Dr. Michael Farrenkopf, Deutsches Bergbau-Museum Bochum.

Vielfalt der Objekte

Gezeigt wrden insgesamt rund 800 Objekte, die aus dem Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) sowie von rund 140 leihgebenden Institutionen stammen. Die Bandbreite reicht von Gemälden, Fotografien und Plakaten, Maschinenteilen und Modellen, Film- und Tonaufnahmen bis hin zu Objekten aus dem vergangenen Alltag in den Revieren und solchen mit hohem Gegenwartsbezug. In der Ausstellung werden einige Objekte erstmals überhaupt in einem Museum ausgestellt. Dazu gehören neben einer Replik der ältesten Jagdwaffen der Welt, den Schöninger Speeren, auch Leihgaben aus dem Privatbesitz von Rekultivierungswissenschaftler und GRÜNEN-Gründungsmitglied Wilhelm Knabe. Hervorzuheben ist ein originales Baumhaus aus dem Hambacher Forst, das dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum für die Sonderausstellung von einer politisch aktiven Person übergeben wurde. Besonders in diesem Zusammenhang: Die Objektübergabe wurde durch die politisch aktive Person selbst initiiert und eng begleitet, mit dem Wunsch, durch die Ausstellung des Baumhauses über eine spezielle Form des widerständigen Lebens aufzuklären und gesellschaftliche Vorbehalte abzubauen. Das Baumhaus verbleibt nach der Ausstellung in den Musealen Sammlungen des montan.dok.

Ausstellungsgestaltung & Szenografie

„Gras drüber …“ ist im Museumserweiterungsbau DBM+ über zwei Ebenen angelegt und wurde durch die GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen, gemeinsam mit dem Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) umgesetzt. Die Szenografie nimmt den Gedanken von „unter die Grasnarbe schauen“ auf und arbeitet mit Kulissenbauelementen sowie natürlichen, größtenteils wiederverwendbaren Materialien. Die einzelnen Bereiche der Ausstellung erhalten ein individuelles Design und bieten vielfältige Einblicke in Themen und Objekte. Die Besuchenden sind immer wieder eingeladen, ihre Perspektive zu verändern, Ansichten zu hinterfragen. Das Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt wird auch in das Ausstellungserleben überführt. In der Sonderausstellung werden immer wieder Perspektiven, Haltungen und Ereignisse gegenübergestellt. Ähnlich wie die Komplexität von gesellschaftlichen und politischen Prozessen nimmt auch die Verdichtung von Elementen und Exponaten mal ab und mal zu. Rund 20 Leitobjekte werden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und in geschichtliche, zeitgenössische, museale oder objektgeschichtliche Zusammenhänge gesetzt.

„Die Komplexität historischer Ereignisse und der hohe Bezug zu unserer Gegenwart hat uns bei der Arbeit an ‚Gras drüber ...‘ immer wieder überrascht. Wir möchten den Besuchenden mit der Szenografie und den Vermittlungsebenen Impulse bieten. Es gibt bei den Themen Bergbau und Umwelt nie nur eine Perspektive. Wir möchten dazu einladen, im wahrsten Sinne an der Oberfläche zu graben, um eine eigene Meinung zu entwickeln“, sagt Carsten Dempewolf, GfG / Gruppe für Gestaltung.

Vermittlungsaspekte & Begleitprogramm

Die durchgehend zweisprachige Ausstellung wird auf Vermittlungsebene durch Multimediastationen sowie Persona-Dialoge unterstützt. Sie bieten aus unterschiedlichen Positionen Impulse wie Reibungsfläche. Zur Ausstellung wird auch ein Multimediaguide angeboten. Er ist ab Juli unter „Gras drüber ... Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ in der CultwayApp erhältlich. Die App kann im AppStore oder im Google Play Store kostenlos heruntergeladen werden. Das Angebot kann als Audioguide in der Ausstellung, vor oder nach dem Museumsbesuch genutzt werden. Zudem wird die Sonderausstellung durch ein diverses Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm ergänzt.

Begleitband

Der Katalog zu „Gras drüber ... Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ erscheint im Verlag De Gruyter | Oldenbourg. Die Publikation ist als Begleitband konzipiert: Sie enthält neben einem Teil über die Inhalte und Konzeption der Sonderausstellung auch einen Teil mit Beiträgen von externen Forschenden zu Umweltpolitik, Bergbaufolgelandschaften, Genderstudies und Naturschutz, Technikgeschichte mit dem Schwerpunkt auf Gesundheitsaspekten, Kulturwissenschaften und Vermittlungstheorie. Er ist im Museumsshop sowie im Buchhandel für 34,95 Euro erhältlich, er wird zudem als Open Access Publikation veröffentlicht.

Für die redaktionelle Berichterstattung steht unter www.bergbaumuseum.de/pressebilder entsprechendes Bildmaterial zur Verfügung. Bitte beachten Sie die Nutzungsrechte und die Abweichungen für Print- und Digitaljournalismus.