Digitale Transformationsstrategie

Präambel

Wir gestalten den digitalen Wandel im Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM). Die digitale Transformationsstrategie setzt dafür einen Rahmen. Sie verbindet Menschen und Technik, das Digitale und das Analoge und definiert Ziele und Handlungsfelder, anhand derer wir das DBM zu einem digitalen Forschungsmuseum in einer „post-digitalen Gesellschaft“ (Negroponte 1998) entwickeln.

Das DBM gründet auf einer weltweit einzigartigen Sammlung, die zunächst zu Lehrzwecken für den Bergbau seit dem 19. Jahrhundert aufgebaut wurde. Durch das ab 1936 angelegte Anschauungsbergwerk und die 2019 neu gestaltete Dauerausstellung ist das Museum die zentrale Institution zur Erforschung und Vermittlung der historischen und aktuellen Nutzung von Georessourcen und ihren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Spezifisch für das DBM ist die Verbindung von kulturhistorischen und naturwissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden. Diese Tradition ist unser Fundament, auf dem wir stehen und uns weiterentwickeln wollen.

Unsere Mentalität, Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen sind noch stark von der „analogen Welt“ der Akten, des Buches und des lokalen Ausstellungsortes geprägt. Damit wir unsere Aufgaben in Gegenwart und Zukunft erfolgreich gestalten können, wollen wir das DBM ganzheitlich und nachhaltig als Organisation für die Anforderungen in einer post-digitalen Gesellschaft rüsten. In der digitalen Transformationsstrategie planen wir die nächsten fünf Jahre und entwerfen eine belastbare Perspektive auf die Zukunft.

Wir wollen die Potenziale des digitalen Wandels nutzen, um neue effektive Methoden der Arbeit zu implementieren, unser Wissen besser und umfassender digital verfügbar zu machen und uns nach innen und außen zu vernetzen. Wir nutzen computergestützte Verfahren, um unsere Arbeitsprozesse zu vereinfachen und neue Erkenntnisse in der Forschung zu gewinnen. Auf diesem Weg haben wir uns in den letzten Jahren bereits begeben. Diesen Prozess wollen wir nun intensivieren.

Als ein digitales Forschungsmuseum wollen wir analoge und digitale Welten komplementär vereinen. Die Sammlungsobjekte sind Ausgangspunkte für unsere Grundlagenforschung und für unsere Vermittlung im digitalen Raum. Der Veränderungsprozess folgt dem Prinzip „Digital First“, aber nicht „Digital Only“.

Zur Operationalisierung der digitalen Transformationsstrategie haben wir 20 Handlungsfelder (HF) herausgearbeitet, die auf den Erfahrungen und Expertisen der Mitarbeitenden im DBM aufbauen und neue Entwicklungen in den Blick nehmen. Die Umsetzung der Handlungsfelder erfolgt zumeist in abteilungsübergreifenden Teams.

Die digitale Transformationsstrategie folgt vier Perspektiven, die uns für den Veränderungsprozess Richtung und Fokus sind: Daten, Wissen, Publikum und Organisation.

Daten

Nährboden der digitalen Welt
Daten sind der Nährboden der digitalen Welt. Erst wenn man Daten erhebt, sie aufbereitet und nutzt, können sie Mehrwert stiften. In einem digitalen Forschungsmuseum entstehen in allen Bereichen Daten. Diese Daten sind kein Selbstzweck. Sie dienen den Zielen der Organisation und folgen unserem Selbstverständnis und unseren Werten im Umgang mit digitalen Daten. Personenbezogene und andere sensible Daten werden nur erhoben, wenn sie für die Durchführung der Aufgaben des DBM notwendig sind. Sie genießen höchsten Schutz (HF #20).

Forschungsdateninfrastruktur
Wir bauen eine Forschungsdateninfrastruktur (FDI) für das DBM auf, die dazu dient, dass alle Forschungsdaten eines Forschungsprozesses zugänglich und gut gesichert sind (HF #1). Zudem führen wir Forschungsdaten aus unterschiedlichen Quellen in einem Datenraum zusammen, verknüpfen sie und machen sie über Schnittstellen für Forschung und Transfer zugänglich. Über das Konsortium NFDI4Objects wirkt das DBM aktiv am Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) mit (HF #1).

FAIR-Prinzipien
Das DBM verfolgt das Ziel, seine Forschungsdaten im Sinne der FAIR-Prinzipien offen und computerlesbar zur Verfügung zu stellen (HF #1). Forschungsdaten müssen auffindbar (Findable) sowie für alle offen und zugänglich (Accessible) sein. Sie müssen nach internationalen Standards publiziert werden, um die Austauschbarkeit zwischen Anwendungen sicher zu stellen (Interoperable). Forschungsdaten sollen ohne Einschränkung wiederverwendet werden können (Reusable). Die Umsetzung der FAIR-Prinzipien folgt der Open Access-Policy des DBM und unterstützt die Open Science-Strategie der Leibniz-Gemeinschaft (HF #13).

Digitale Erschließung
Wir forcieren die digitale Erschließung unserer Sammlungen und Archivbestände. Sie erfolgt nach internationalen Standards und transparenten Priorisierungskriterien (HF #12). Unsere Daten publizieren wir unter anderem über publikumsorientierte Portale und etablierte Fachrepositorien, wie z. B. Europeana, Deutsche Digitale Bibliothek und Propyläum (HF #2, #13). Wir werden sie in die projektierte offene Sammlungs-, Informations- und Recherche-Infrastruktur (OSIRIS) der Leibniz-Gemeinschaft einbinden. Wir fördern damit die Inwertsetzung unserer Sammlungen und Archivbestände durch die Wissenschaft und die Öffentlichkeit (HF #2).

Digitale Forschung zu Georessourcen
Als Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen setzen wir unsere besondere Expertise in der engen Verbindung von kulturhistorischen und naturwissenschaftlichen Forschungen ein, um zusammen mit anderen Institutionen in den NFDIs fachspezifische Ontologien und Vokabulare für die Domänen Georessourcen, Lagerstättenkunde und Bergbau zu entwickeln. Damit tragen wir zur Grundlagenforschung von Wissensgraphen bei und fördern die Entwicklung von innovativen Methoden in den digitalen Geisteswissenschaften (Digital Humanities) (HF #2, #4).

Wissen

Publikation in Wissensgraphen
Als Leibniz-Forschungsmuseum sind wir dem Wissenstransfer auch in einer post-digitalen Gesellschaft besonders verpflichtet. In den letzten Jahren gewinnen Wissensgraphen in der Forschung und in populären Anwendungen verstärkt an Bedeutung. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass Computer Texte nicht nur lesen und verstehen, sondern auch neues Wissen generieren können. Wir wollen unsere Erkenntnisse und Wissen aus den Forschungen, Publikationen und Ausstellungen über unseren Datenraum anreichern und in Wissensgraphen, wie z. B. dem Culture Knowledge Graphen digital publizieren (HF #13). Dafür standardisieren wir unsere Prozesse innerhalb der Forschungsdateninfrastruktur (HF #1).

Faktenbasierte demokratische Debatten
Das DBM will im digitalen Raum ein relevanter Ort für einen offenen, faktenbasierten und demokratischen Diskurs über Georessourcen sein. Dafür bereiten wir für unser Publikum faktenbasiertes Handlungs- und Orientierungswissen für eine historisch reflektierte Standortbestimmung auch im digitalen Raum auf. Über ein breites digitales Angebot ermöglichen wir Dialog und aktive Teilhabe von Wissenschaft und Öffentlichkeit (HF #7). Der Wissenstransfer der im DBM erarbeiteten Erkenntnisse für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ist ein strategischer Schwerpunkt im Selbstverständnis der Leibniz-Gemeinschaft.

Publikum

Das digitale Publikum
Das DBM erreicht durch seine spezifischen Themen und Einbettung ins Ruhrgebiet ein stark diversifiziertes Publikum. Durch die technischen Entwicklungen der letzten Jahre erreichen wir heute zudem ein digitales Publikum jenseits von Raum und Zeit des analogen Museums. Das digitale Publikum will online teilhaben und digital mit dem Museum interagieren. Wir sehen darin eine Chance und zugleich eine große Herausforderung. Wir wollen mit zielgruppenorientierten digitalen Angeboten auch die Menschen erreichen, die Interesse an unseren Themen und Ausstellungen haben, aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht vor Ort ins Museum kommen können. Das digitale Publikum adressieren wir gleichwertig und zählen es in der Statistik als Besuchende des Museums (HF #7, #10).

Digitale Angebote
Wir entwickeln im Austausch mit unserem Publikum zielgruppenspezifische Angebote und Formate für den digital erweiterten Museumsraum. Wir verstehen darunter einen digitalen Lernort, der das Museum vor Ort mit dem digitalen Raum verschränkt. Wir experimentieren mit neuen Technologien, Kanälen und Ausstellungsformaten, stets auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, mit dem digitalen Publikum Neugierde und Wissen zu teilen, um die Welt der Rohstoffe und des Bergbaus mit allen Sinnen zu erfahren. Auch vor Ort bieten wir unserem Publikum digitale Angebote für ein verbessertes Museumserlebnis. Unsere digitalen Angebote erweitern so den traditionellen Erzähl- und Erlebnisraum unseres Museums. Wir bauen dadurch Barrieren ab und schaffen neue Zugänge für Teilhabe und Austausch (HF #6, #7, #10).

Besucherforschung
Wir generieren und erheben regelmäßig Feedback von unseren Besuchenden und sammeln nicht personalisierte Besuchsdaten entlang der Touchpoints in der Visitor Journey. Die museumsbezogene Transferforschung am DBM analysiert die Bedürfnisse, Motivationen und Erwartungen der Besuchenden sowie deren Reaktionen, Emotionen und Aufmerksamkeiten, die in Zeiten digitaler Transformation einem besonders dynamischen Wandel unterliegen. Wir verknüpfen dazu in besonderem Maße die Analyse unserer digital erhobenen Daten mit qualitativen Methoden der Transferforschung. Wir werten die Daten datenschutzkonform im Hinblick auf unsere Ziele aus und messen darüber den Erfolg unserer Angebote. Wir implementieren Prozesse, wie wir die datenbasierten Erkenntnisse in die Ausstellungs- und Vermittlungspraxis sowie in die Forschung und Sammlung einfließen und sie zur Grundlage für unsere Entscheidungen werden lassen (HF #8).

Organisation

Mitarbeitende im Fokus
Im Fokus der Veränderungsprozesse stehen wir, die Mitarbeitenden des Deutschen Bergbau-Museums Bochum. Die Entwicklung der digitalen Transformationsstrategie erfolgte im engen Austausch mit uns. Während der Implementierung wollen wir uns in unseren unterschiedlichen Rollen in die Lage versetzen, die Veränderungsprozesse durch kollaboratives Arbeiten und agiles Projektmanagement aktiv und selbstbestimmt mitzugestalten. Dabei werden wir auch neue Formen des Lernens und des Kompetenzaufbaus nutzen, um uns fortlaufend in Grundlagen der Digitalität zu schulen (Digital Literacy) (HF #15). Digitalisierung bedeutet für uns, im Dialog miteinander zu sein.

Haltung
Eine erfolgreiche digitale Transformation ist vor allem auch eine Frage der Haltung der Menschen im Museum. Wir haben unsere Haltung im Leitbild (Mission Statement) des DBM formuliert und wollen es mit Leben füllen. Für den Transformationsprozess wollen wir Ressourcen bereitstellen und Formate entwickeln, in denen wir mit allen Mitarbeitenden, Gremien und Stakeholder:innen über die Chancen und Sorgen verbunden mit Digitalisierung sprechen, um gemeinsam an unserer Organisation zu arbeiten (HF #17). Wir verstehen die digitale Transformation als einen Weg, der längst begonnen hat und das DBM durch einen iterativen Reifeprozess in die Zukunft begleitet.

Miteinander kollaborativ arbeiten
Wir wollen im DBM kollaborative Arbeitsprozesse entwickeln und ausbauen, um vernetztes Arbeiten untereinander und mit anderen Organisationen zu erleichtern. Dafür soll eine cloudbasierte Arbeitsinfrastruktur geschaffen werden, in der die Mitarbeitenden orts- und zeitunabhängig arbeiten und Zugriff auf alle Daten haben können (HF #14, #15, #16). Auch hier gilt der Grundsatz, dass zentrale Basisdienste und Standardprogramme den Mitarbeitenden dienen und ihre Arbeit erleichtern sollen. Eine solche kollaborative Arbeitsinfrastruktur ist die Voraussetzung dafür, digitale Prozesse für unsere Aufgaben aufzubauen und neue Arbeitsformen zu implementieren, wie z. B. agiles Arbeiten.

Handlungsfelder

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