Kupfer, Blei und Silber

Ein Projekt des Deutschen Bergbau-Museums Bochum liefert neue Hinweise auf römischen Bergbau im Kosovo Im Kosovo, südlich der Hauptstadt Priština liegt die römische Stadt Ulpiana. Antike Inschriftenfunde weisen auf Erzreichtum in der Region hin. Über das Ausmaß des zugehörigen Bergbaus war allerdings bislang wenig bekannt. Dies änderte sich vor ein paar Jahren, als ein Team von Montanarchäologen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum zusammen mit Kollegen vor Ort die Umgebung von Ulpiana zu untersuchen begannen.

Sie entdeckten zahlreiche Bergbauspuren ungeahnten Ausmaßes. Seitdem bereist das Team unter Leitung von Dr. Gabriele Körlin die Region regelmäßig. Sie wollen herausfinden, wie die römische und spätantike Stadt mit Erzen und Metallen versorgt wurde und welche Bedeutung der Bergbau für die Region hatte.

Das Bergbaurevier Shashkoc

Die Stadt Ulpina gehörte zu der römischen Provinz Moesia superior und war der Sitz einer der vier dortigen Verwaltungseinheiten. Nur wenige Kilometer entfernt liegt das umfangreiche Erzrevier von Shashkoc. Die Landschaft ist von zahlreichen Pingen, Mundlöchern und Halden übersäht, was Montanarchäologen in wahre Begeisterungsausbrüche versetzt. Sie können in diesen Bergbauspuren lesen, wie in einem Buch: Die ehemaligen Bergleute folgten den an der Oberfläche sichtbaren Erzgängen zumeist nur bis in wenige Meter Teufe. Im Laufe der Zeit brachen viele Gruben ein. Einheimische berichteten unserem Team aber auch von tief reichenden Galerien, welche die Wissenschaftler noch aufspüren und genauer untersuchen wollen.

Auch ohne Schaufel und Spaten auspacken zu müssen, stießen die Montanarchäologen bereits bei ihren ersten Geländeerkundungen im Jahr 2009 auf unzählige Artefakte: Nicht erst in römischer Zeit interessierten sich die Menschen für das Erz, sondern schon in der Bronzezeit, aber auch noch in der byzantinischen und mittelalterlichen Periode.

Welche Rohstoffe wurden ausgebeutet?

Bei so vielen Bergbauspuren stellt sich die Frage, welche Erze genau gewonnen wurden. Aufschluss geben römische Inschriften aus der Region. In ihnen ist mehrfach von Metallbezirken und einem procurator metallum die Rede, einem Beamten des römischen Kaiserhauses/Fiskus, der für einen Bergbaudistrikt zuständig war. Ihm unterstanden weitere Beamten, zu deren Aufgaben u. a. die Vergabe von Verpachtungen gehörte. Das ist ein wichtiger Hinweis: Denn abgesehen von den Edelmetallen Gold und Silber, deren Gewinnung auf jeden Fall unter kaiserlicher/fiskalischer Oberhoheit blieb, wurden minderwertige Metalle oder andere Rohstoffe meist einige Zeit nach Eroberung der jeweiligen Region und Einrichtung der Provinz zur Verpachtung freigegeben. Den Quellen nach hat es noch bis ins 4. Jahrhundert Prokuratoren in der Provinz Moesia superior gegeben. Zu dieser Zeit befand sich der Bergbau noch unter kaiserlicher Verwaltung, so dass mit einer Ausbeute von Edelmetallen gerechnet werden muss.

Darüber, welche Metalle nun genau in der Vergangenheit abgebaut wurden, können nun die Spezialisten der Universität Frankfurt Auskunft geben (hier läuft im Rahmen des Projektes eine Dissertation zu dem Thema. Durch verschiedenste Untersuchungen können sie Kupfer- (Chalkopyrit, Malachit), Blei- und Silbererze (Galenit) im Gestein der Lagerstätte ausmachen. Aus dem Basisgestein lassen sich besonders Kupfer und Blei, aber auch Zink und eben auch Silber, das sich im Bleiglanz versteckt, gewinnen.

Alte Bergbauspuren – MontanarchäologInnen bei der Arbeit

Die MontanarchäologInnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Bergbaurevier zu verstehen und den Weg des Erzes vom Abbau bis hin zu seiner Umwandlung in Metall nachzuvollziehen. Dazu arbeiten sie an verschiedenen Stellen. Zunächst einmal untersuchen sie die Abbaustellen. Mit geschultem Auge können die ForscherInnen Halden und auch Pingen erkennen, die den Zugang in den Berg verraten. Ohne Ausgrabung bleibt allerdings unklar, wie weit und tief sich die Abbaustrecken unter der Oberfläche hinziehen. Daher setzen die MontanarchäologInnen eine besondere Technik ein, mit der sie den Boden quasi durchleuchten. Sie messen im Prinzip den geomagnetischen und geoelektrischen Widerstand der Erd- und Gesteinsschickten. Durch Menschen verursachte Störungen lassen sich so bildlich darstellen. Anhand der so erstellten Pläne wählen die WissenschaftlerInnen vielversprechende Stellen für eine Ausgrabung aus. Dazu errichten sie über den senkrecht in die Tiefe führenden Pingen hölzerne Plattformen, um das Erdreich gefahrlos herausfördern zu können.

Besonders aufschlussreich sind die Untersuchungen eines rechteckigen Schachtes, den sie bis 8 Meter abteuften. Von diesem ausgehend trieben die damaligen Bergleute einen Abbauraum seitlich in den Berg. Ihre Abbauwerkzeuge hinterließen teilweise Spuren an den Seitenwänden (Stößen) der Grubenbaue, wo die ausgeerzten Gänge noch gut zu erkennen sind. Auf der Sohle des Abbauraums entdeckten die MontanarchäologInnen Keramik aus dem Mittelalter. Auch die rechteckige Form des Schachts spricht für einen Abbau in dieser Periode. Der römische bzw. spätantike Bergbaubau erfolgte hingeben über kürzere Stollen und vermutlich runde Schächte. 

Vom Erz zum Metall

Vom Erz bis zum Metall ist es ein langer und mühsamer Weg, der viele Arbeitsschritte beinhaltet. Diese will das Forscherteam nachzeichnen. Die zahlreichen von ihnen auf den Hängen entdeckten Ambosssteine aus dem anstehenden Andesit deuten darauf hin, dass die Erze, nachdem sie als große Brocken aus dem Berg gebrochen, direkt vor Ort zerkleinert und sortiert wurden. Die verwendeten Ambosssteine wurden optimal ausgenutzt: Neben nur einseitig genutzten Stücken mit nur einer Mulde liegen solche Werkzeugsteine mit zwei, drei und sogar in einem Fall mit vier genutzten Arbeitsflächen und/oder mehreren Mulden nebeneinander vor.

Die nächsten Schritte der Metallaufbereitung fanden meistens nicht mehr in den Abbaugebieten statt: In einiger Entfernung von den Lagerstätten stießen die WissenschaftlerInnen auf Schmelzöfen und Schlackenhalden. Vor allem an Bachtälern und Flussläufen wurde also das zuvor zerkleinerte Erz in speziellen Öfen zu Metall verhüttet. Als Abfallprodukt entstand Schlacke, die von den Metallurgen direkt neben den Verhüttungsöfen aufgetürmt wurde.

Bei Geländebegehungen haben die ForscherInnen etliche Verhüttungsplätze aus verschiedenen Zeitperioden feststellen können. Der größte von ihnen liegt etwa 15 Kilometer südöstlich von Ulpiana in einem Tal bei Mirash Novo. Hier fanden sich spätantike Keramikscherben, Kupfer- und Bleischlacken sowie Reste von den Verhüttungsöfen. Von den dazugehörigen Halden ist heute nur ein kleiner Teil übriggeblieben: Anhand der verstreuten Reste und dem verbliebenen Volumen schließen die ArchäologInnen auf ein ursprüngliches Haldenvolumen von mehreren Tausend Tonnen.

Weitere Forschungen

Während der nächsten Feldkampagnen will das internationale Forscherteam weitere Schachtpingen geoelektrisch untersuchen. Anhand der Abbauhohlräume wollen sie ehemalige Fördermengen berechnen. Zudem soll ein Verhüttungsplatz exemplarisch ausgegraben werden. Die Forschungen werden sich vor allem auf römische/spätantike Abbauspuren und Verhüttungsreste im Umfeld des Bergbaureviers konzentrieren.

Weiterführende Informationen zum Projekt

Projektinitiator

Förderung

  • Das Projekt wird seit 2012 von der gefördert. DFG

Projektbeteiligte

  • Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Forschungsbereich Montanarchäologie (Gabriele Körlin)
  • J.W. Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Geowissenschaften (Sabine Klein, Katrin Westner)
  • Guntram Gassmann, Fa. argus
  • Archäologisches Institut des Kosovo (Instituti Arkeologjik i KosovÃ"s) (Enver Rexha, Milot Berisha, Premtim Alaj)
  • Barbara Matthes, Geoelektrische Untersuchungen
  • Beate Sikorski, Geomagnetische Untersuchungen