Leibniz-Forschungsverbund „Wert der Vergangenheit“ erhält zweite Förderphase

Stammrest eines Schuppenbaumes aus dem Karbonzeitalter (ca. 306 Mio. Jahre) im Rundgang „Steinkohle“ | Foto: Helena Grebe
Der Leibniz-Forschungsverbund „Wert der Vergangenheit“ unter Federführung des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) verbindet 21 Leibniz-Institute. Sie arbeiten gemeinsam daran, Wertbildungsprozesse und Wertekonkurrenzen in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen über die Vergangenheit zu erforschen. Dabei geht es dem Verbund darum, den Wert der Vergangenheit in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen und den praktischen Gebrauch historischen Wissens in der Gesellschaft zu reflektieren.
Mehr darüber in der Pressemitteilung des ZZF Potsdam.
Beteiligung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum
Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen ist vorrangig über das Montanhistorische Dokumentationszentrum (montan.dok), das den Programmbereich 2: Sammlungsbezogene Forschungsinfrastruktur bildet, im Leibniz-Forschungsverbund „Wert der Vergangenheit“ vertreten und fungiert dort seit langem als Aktivposten. Mehrfach fanden bislang Veranstaltungen des Verbunds im Deutschen Bergbau-Museum Bochum statt, so zuletzt im April 2024 die internationale Konferenz „Geschichten und Bilder von ost- und westdeutschen Bergbaulandschaften seit den späten 1980er-Jahren. Zur eigenzeitlichen Transformation von Montanindustrien aus künstlerischer Perspektive“. Sie war das Ergebnis einer längerfristig fruchtvollen Zusammenarbeit in den verbundinternen Research Labs „Geschichtskulturelle Eigenzeiten“ sowie „Inwertsetzung und Kommodifizierung“, die von Mitarbeitenden des DBM/montan.dok geleitet werden, mit dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam, sowie dem Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa, Leipzig. Darüber hinaus sind verschiedene Publikationen von Mitarbeitenden des DBM/montan.dok in der Reihe „Wert der Vergangenheit“ des Wallstein-Verlags erarbeitet und herausgegeben worden, zudem sind Dr. Michael Farrenkopf und Dr. Torsten Meyer mit dem Beitrag „Industriekultur“ im Handbuch „Historische Authentizität“ vertreten.
Neue Förderphase
In der nun beginnenden neuen Förderphase des Leibniz-Forschungsverbunds „Wert der Vergangenheit“ werden insgesamt sieben Research Groups die zukünftigen Forschungen koordinieren. Das DBM/montan.dok ist an drei Research Groups aktiv beteiligt, zwei werden weiterhin von dessen Mitarbeitenden mit geleitet.
Die Research Group 4 „Dynamische Raum-Zeit-Konstruktionen“, koordiniert von Dr. Michael Farrenkopf (DBM/montan.dok), Dr. Katja Stopka (ZZF, Potsdam) und PD Dr. Thomas Weller (IEG, Mainz) untersucht epochenübergreifend und -vergleichend in historischer, kunst-, raum- und bildungswissenschaftlicher Perspektive, wie Raum- und Zeitkonstruktionen historische Wertehorizonte bestimmen und diese umgekehrt prägen. Ein erster Schwerpunkt liegt darauf, wie „Europa“ und das „Europäische“ mittels raumzeitlicher Wertzuschreibungen in verschiedenen Epochen und nationalen Kontexten konstruiert und normativ mit Bedeutung aufgeladen wurden. Dies wird anhand der differenzierenden Integration von außereuropäischen Räumen in europäische Wahrnehmungshorizonte sowie ihrer wechselseitigen Wissensrezeption und -produktion erforscht. Ein zweiter Schwerpunkt widmet sich „geschichtskulturellen Eigenzeiten“, die hinsichtlich historischer Inwertsetzungsprozesse und damit verbundenen Strategien der Musealisierung und Ästhetisierung von Industriekulturen (Montan- und Stahlindustrie) in Deutschland und seinen Nachbarländern (etwa Luxemburg, Niederlande, Belgien, Frankreich) von den 1980er-Jahren bis in die 2000er-Jahre untersucht werden. Dabei sollen vor allem die Rahmung dieser musealisierenden Inwertsetzungsprozesse und die damit verbundenen transnationalen Austauschprozesse als spezifisch europäische Konstruktion in den Blick genommen werden.
Die Research Group 7 „Inwertsetzung und Verwertung“, koordiniert von Dr. Monika Motylinska (IRS, Erkner) und Dr. Torsten Meyer (DBM/montan.dok), untersucht kulturelle und ökonomische Praktiken der Aufwertung und Entwertung von Vergangenheit. Sie führt die in der ersten Förderphase etablierten Themenlinien „Histories & Heritage“ und „Strukturwandel“ fort und erweitert Fragestellungen und Themenfelder. So rücken beispielsweise für das Feld „Histories & Heritage“ sensorische Wahrnehmung des überlieferten, baukulturellen Erbes in den Fokus. Unter Einbezug quantitativer ökonomischer Daten werden zudem die unterschiedlichen Museumsökonomien (Shop, Restaurant, Veranstaltungen etc.) verstärkt untersucht.
Das Feld „Strukturwandel“ thematisiert weiterhin gesellschaftliche Transformationsprozesse. Hierbei stehen vor allem museale und industriekulturelle Institutionen und ihre Bedeutung in und für diese Prozesse zur Debatte. Ferner wird der relativ neue denkmalpflegerische Begriff „Transformationswert“, der eingebettet ist in die aktuellen Nachhaltigkeitsdiskurse, auf seine Übertragbarkeit auf kulturelle und museale Institutionen und Phänomene hin reflektiert. Damit leistet die Research Group 7 einen essentiellen Beitrag für die meta-theoretische Reflexion der Wertbegriffe innerhalb des Leibniz-Forschungsverbunds „Wert der Vergangenheit“. Zu diesem Themenfeld führte das DBM/montan.dok in Kooperation mit der ETH Zürich (Professur für Konstruktionserbe und Denkmalpflege) am 30.-31. Januar 2025, ein exploratives Symposium an der ETH Zürich durch.