Pressemitteilung: Was ist authentisch? Tagung der TU Bergakademie Freiberg und des Deutschen Bergbau-Museums zu Rolle und Wert von Industriekultur

Foto: Nicolai Ingenerf

Seit Donnerstag, 27. April, diskutieren an der TU Bergakademie Freiberg Geschichts-, Kunst- und Kulturwissenschaftler gemeinsam mit Akteuren aus Museen, Geschichtsinstitutionen sowie Denkmalpflege. Es geht unter anderem um folgende Fragen: Wie entsteht Industriekultur? Wer entscheidet, welches industriekulturelle Erbe bewahrt wird und was in Vergessenheit gerät? Was ist authentisch? Die Tagung ist eine Kooperation des Instituts für Industriearchäologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte (IWTG) der TU Bergakademie Freiberg, des Leibniz-Forschungsverbunds Historische Authentizität und des Deutschen Bergbau-Museums Bochum (DBM).

Industriekultur steht bis heute für eine Beschäftigung mit der gesamten Kulturgeschichte des Industriezeitalters in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Begriff verbindet Technik-, Kultur- und Sozialgeschichte. Er umfasst das Leben aller Menschen in der Industriegesellschaft, ihren Alltag, ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Nach den Prozessen der De-Industrialisierung des auslaufenden 20. Jahrhunderts wird das Thema im 21. Jahrhundert nicht nur in der Forschung immer relevanter. Die Industriekultur hat Einzug in unseren Alltag gefunden. Ihr wird – je nach Region – ein hoher identitätsstiftender Faktor zugeschrieben, denn sie gilt als authentisch und aussagekräftig für die industrielle Geschichte einer ganzen Region.
Bei der Frage, was es aus unserer industriellen Geschichte zu bewahren gilt, wie diese In-Wertsetzung stattfindet und welche Fragen an die Echtheit bzw. die Authentizität der Objekte gestellt werden, spielen neben soziokulturellen auch ökonomische Bewertungen eine Rolle.

Die Tagung mit internationalen Forschern und Nachwuchswissenschaftlern liefert aktuelle Thesen und Ergebnisse. So interpretiert zum Beispiel die Kulturwissenschaftlerin der Stockholmer Universität Dr. Anna Storm Industriekultur als schöne aber auch schmerzhafte Narben der Gesellschaft, die Geschichten über unsere Geschichte erzählen können. Eva Nüsser, Industriearchäologin und Doktorandin am Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen DBM, beschäftigt sich mit Fragen der Baudenkmalpflege in Bezug auf Industriekultur am Beispiel der Zechenlandschaften Westfalens. Dr. Sönke Friedreich vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde bearbeitet am Beispiel der Textilindustrie im Vogtland, wie industriekulturelle Objekte bewertet werden und den Weg in museale Sammlungen finden oder was in diesem Prozess Ausschlusskriterien sein können.
2 Die Tagung „Authentizität und industriekulturelles Erbe – Identitäten, Grenzen, Objekte und Räume“ findet im Rahmen des Forschungsprojekts „Vom Boom zur Krise – Der deutsche Steinkohlenbergbau nach 1945“ statt und ist Teil der Themenlinie 2 „Transformation von Industrielandschaften“.
In dieser zweiten Themenlinie kooperieren das IWTG und das DBM in enger Form miteinander: Das DBM als Leibniz Forschungsmuseum führt zahlreiche Forschungsprojekte unter anderem im Bereich Bergbaugeschichte sowie Technik-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte durch. Die Forschungsprojekte widmen sich der Analyse montangeschichtlicher Entwicklungen besonders im Zeitraum der Industrialisierung.
Das IWTG beschäftigt sich in Lehre und Forschung mit den Bereichen Industriearchäologie, Technikgeschichte, Wissenschafts- und Umweltgeschichte sowie Historische Innovationsforschung. Im gesamten Projekt arbeiten an beiden Institutionen zwei PostDocs und sieben Promovenden zu unterschiedlichen Schwerpunkten.

Weitere Informationen zum Projekt unter:
www.bergbaumuseum.de/index.php/de/forschung/projekte/sgm-boom-krise