DER ANSCHNITT Ausgabe 2|2017

ISSN 0003-5238
Einzelheft 9,– €
Doppelheft 18,– €
Jahresabonnement (6 Hefte) 54,– €

Inhalt

Im aktuellen Heft erläutert Prof. Dr. Stefan Brüggerhoff, Direktor des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, in seinem Editorial die Gründe für diese Umbenennung und wirft zugleich einen Blick zurück in die Geschichte der Zeitschrift. Dr. Peter Friedemann betrachtet am Beispiel der „Vieille Montagne“, der AG des Altenbergs, die Geschichte der frühindustriellen Zinkerzeugung. Im Vordergrund seiner Untersuchung steht die Frage nach den Einflüssen der französischen Berggesetzgebung auf die Entwicklung im linksrheinischen Raum und schließlich auf die preußische Bergrechtsreform 1865. Prof. Dr. Manfred Mücke widmet sich erneut dem Bergrecht des 18. Jahrhunderts. Der Beitrag zeichnet die Einflüsse der in Adolph Beyers Otia Metallica verankerten „Bergstaatsrechtslehre“ auf die spätere Gliederung der Bergrechtslehre nach. Im Mittelpunkt des dritten Beitrags steht die Ahlener Zeche Westfalen während des Nationalsozialismus. Dr. Maria Perrefort untersucht die Beziehungen zwischen Betriebsführer Heinrich Morsbach und Betriebsobmann Heinrich Clausen mit besonderem Blick auf die unterschiedlichen sozialpolitischen Ansätze der beiden glühenden Nationalsozialisten.

Ergänzt wird das Heft wie gewohnt durch Tagungsberichte und Miszellen zu verschiedenen Themen sowie mehrere Rezensionen.

ISSN 0003-5238
Einzelheft 9,– €, Doppelheft 18,– €, Jahresabonnement (6 Hefte) 54,– €

  • Peter Friedemann
    Die Anfänge der westeuropäischen Zinkindustrie am Beispiel der Galmei-Bergwerke „Vieille Montagne“ (Altenberg): Vom französischen Bergrecht 1791/1810 zur preußischen Bergrechtsreform 1865
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  • Sozial- und Wirtschaftshistoriker betonen auf der Suche nach den Entstehungsbedingungen und Entwicklungsstufen der modernen Industriegesellschaft seit langem die Bedeutung der Regionen. In den Fokus ihrer Untersuchungen werden dabei ger-ne jene Regionen gerückt, mit denen sie sich selbst besonders verbunden fühlen, von denen sie selbst geprägt wurden. Seltener wird ein Vergleich interregionaler Räume, unterschiedlicher sozial- wirtschafts- und rechtsgeschichtlicher Prägungen, angestrebt. Selten wird auch die „grenzenlose“ politische Bedeutung bestimmter Produkte wie z. B. des nicht rostenden Metalls Zink, dies zumal nicht im Kontext der europäischen Bergbaugeschichte, herausgestellt. Das 19. Jahrhundert war europaweit, wie kürzlich in „Der Spiegel“ (22. April 2017) zu lesen war, das Jahrhundert des industriell herstellbaren rostfreien Produktes Zink. Die Grundlage einer
    technischen und von der napoleonischen Regierung patentierten Erfindung des Chemikers Jean-Jaques Dony (1759-1819) war das sogenannte „Belgische Röstverfahren“. Bald entstanden neue Absatzmärkte im Haus- und Schiffsbau, im Haushaltswaren und Hygienebereich, die nach nicht rostendem Zink und Zinkweiß förmlich lechzten.
    Am Beispiel der Genese der industriellen Zinkindustrie, hier eines in napoleonischer Zeit in Neutral- Moresnet gestarteten, 1837 in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Unternehmens, der „Société Anonyme des Mines et Fonderie de Zinc de la Vieille Montagne“ (SVM), möchte ich einen solchen interregionalen, räumlich begrenzt erweiterten Vergleich versuchen. Ins Blickfeld soll der Aktionsraum der SVM vom Grenzraum zwischen Maas und Rhein, über Lüttich/Aachen/Moresnet in die Eifel (Mayen), dann ins Bergische Land, dem Pionier der deutschen Industrialisierung, bis schließlich ins Ruhrgebiet, zur Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen gerückt werden. Der sich seit den 1860er Jahren über Frankreich, Belgien und Deutschland hinaus internationalisierende Aktionsraum der SVM in andere Länder (Erzbergwerke in England, Schweden, Italien, Sardinien, Spanien, Tunesien, Marokko, Französisch Guayana, USA) wird dabei nicht berücksichtigt. Dass die SVM im 21. Jahrhundert zum Geburtshelfer von Umicore und anderen multinationalen Unternehmen, zum Weltmarktführer der Materialtechnologie und Recylingkonzerne avancierte, u. a. auch mit einem Standort im Ruhrgebiet (Umicore Metalle & Oberflächen GmbH mit dem Vertrieb von Metallanoden (Kupfer, Messing, Nickel, Zinn und Zink) in Essen, wurde kürzlich in einer Auftragsarbeit eindrucksvoll belegt. Im Mittelpunkt soll die unterschiedliche Entwicklung der französischen und preußischen Berggesetzgebung links und rechtsdes Mittelrheins stehen, anhand derer wechselseitige sozialgeschichtliche Verschränkungen, Beeinflussungen und Unterschiede in der westeuropäischen Zinkindustrie in der Frühindustrialisierung am Beispiel der SVM sichtbar gemacht werden können. Kann man von einer Epoche machenden „liberalen französischen Berggesetzgebung“ sprechen, die seit den Berggesetzen vom 28. April 1791 und vom 21. April 1810 in Frankreich zur Debatte stand, die an die Stelle des „Bergregals“, der Hoheitsrechte der Landesherren, bzw. der Staaten, treten sollte? Methodisch zu berücksichtigen ist anknüpfend an Fernand Braudel, Lucien Febvre und andere Vertreter der „Annales Schule“, dass gerade zu Beginn der Industrialisierung, in der Phase der sogenannten „Proto-Industrialisierung“, vielfältige Prozesse auf unterschiedlichen, interdisziplinären Feldern (mikro- und makro-ökonomisch) wirksam geworden sind. Erst wenn man den Übergang von vorindustriellen zu modernen Produktionsweisen als „histoire totale“, aus langer Sicht (longue durée), letztlich als komplexe Prozesse auch von historischen Strukturen und Bedingungen erfasst, kann man die „Dynamik des Kapitalismus“ und seine Grenzen besser verstehen lernen.
  • Manfred Mücke
    Adolph Beyers (1709-1768) Entwurf einer Bergstaatsrechtslehre in der „OTIA METALLICA oder Bergmännische Neben-Stunden darinnen verschiedene Abhandlungen von Berg-Sachen“ – eine späte Rezension
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  • Als Adolph Beyer 1748 seine Otia Metallica veröffentlichte, war er sich nicht sicher, wie der „Geneigte Leser“, so schrieb er 1751 in der Vorrede zum zweiten Teil, die Schrift aufnehmen würde. Sein banges Gefühl veranlasste ihn, den ersten Band nicht unter seinem Namen erscheinen zu lassen. Als Autor zeichnete er: „ein Abgekehrter Bergmann“. Was nicht der Wahrheit entsprach, denn er gehörte noch mindestens bis 1765 als einer der Bergamtsmitglieder dem Bergamt im erzgebirgischen Schneeberg an. Aber das „erste Bändgen“ wurde „von verschiedenen Herren und Bergwercks Liebhabern wohl aufgenommen“ und „gewürdigt“, sodass er sich entschloss, 1751 eine erste Fortsetzung folgen zu lassen. 1758 erschien dann noch ein „drittes und letztes Bändgen“ – zu seiner „Beruhigung“. Sachsen litt unter dem Siebenjährigen Krieg und seinen Folgen wie „Theurung, Kranckheiten, Abfall der Nahrung, schwere Abgaben und Lieferungen“. Adolph Beyer war Bergschreiber am Bergamt zu Schneeberg; einem Bergamt von 14 weiteren in den fünfziger und sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts in Sachsen. In Freiberg bestand das Oberbergamt als obere Bergbehörde. Das Land war seit Jahrhunderten mit mineralischen Rohstoffen gesegnet; Bergbau ging auf Silber, Zinn, Blei, Wismut, Kobalt und Steinkohle um. Zu Beyers Zeit war der Silberbergbau von Schneeberg, für den es berühmt wurde, aber längst durch den Kobaltbergbau abgelöst worden. Kobalt wurde für die Herstellung blauer Farbe zur Färbung von blauem Glas und zur Bemalung von Delfter Kacheln und Meissner Porzellan benötigt. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Gewinnung von Kobalterz in Schneeberg zurück. Adolph Beyers Dienstjahre in der Bergverwaltung fielen in die zweite Hälfte des Augusteischen Zeitalters. Es war die Zeit, in der Kurfürst Friedrich August II. (ab 1734 als August III. auch König von Polen) – wie zuvor schon sein Vater Friedrich August I. (als König von Polen August II.) – bereits eine „Staatsinstitution geworden“ war und absolutistisch regierte, aber in der Ausübung seiner Hoheitsrechte an die „dem Staat vorgegebenen Zwecke gebunden war“. Nach den Merkantilisten rechnete der „Nahrungsstand Bergwerke“ zu dem „dritten Hauptweg, wodurch der Reichthum des Landes vermehret werden kann“. Deshalb gehörte es zur „Regentenpflicht“, den Bergbau zu fördern; selbst das Werben um Gewerken durch hohe Bergbeamtewar in Sachsen dabei nicht ungewöhnlich, wie aus dem Berichtvon J. W. H. von Trebra als Bergmeister in den Jahren 1767-1779 in Marienberg hervorgeht. Außer der literarischen Hinterlassenschaft, der Otia Metallica, ist von Adolph Beyers Leben und seinem Wirken als Bergbeamter kaum etwas bekannt. 1736 wurde er Vice-Bergschreiber und 1748, nach dem Tod des Bergschreibers Hoffmann, Bergschreiber am Bergamt in Schneeberg. Zu seinem Bildungsweg existiert von ihm selbst nur eine Notiz, die er im Teil 2 der Otia Metallica hinterlassen hat. Er widmete diesen Teil Herrn August Beyern, „Berg-Commissario und Marckscheidern, wie auch E. H. Rahts und des Berg-Schöppenstuhls zu Freyberg Mit-Glied“ und „Seinem Hochgeehrtestem Herrn Vetter als seinem vormahligen werthgeschätzten Lehrmeister“. Das deutet daraufhin, dass er sein Wissen und die praktischen Erfahrungen vom Bergbau und Hüttenwesen von diesen vermittelt bekommen hat. August Beyer (1677-1753) war lange Jahre zugleich Lehrer für das Markscheiden in der Stipendiatenausbildung und Adolph Beyer sein Schüler und Neffe. Im Anschluss an diese bergmännische Ausbildung hat er sehr wahrscheinlich ab 1729 Rechtswissenschaft an der Juristenfakultät in Leipzig studiert. Das Jurastudium oder zumindest juristische Kenntnisse auf einem Niveau, welches es ihm ermöglichte, Bergrechtssachen zu entscheiden, waren für das Amt des Bergschreibers unverzichtbar. Neben dem Bergmeister, mehreren Geschworenen, einem Gegenund Receßchreiber gehörte zur Bergverwaltung in Schneeberg während der Dienstzeit Beyers zusätzlich ein „Kobald Inspector“. Ein Bergschreiber war vor allem als Actuarius (Rechnungs und Protokollführer) des Amtes tätig; er hatte zudem u. a. die Zechen im Bergamtsrevier zu registrieren, Berichte zu fertigen und Verordnungen des Bergamtes vorzubereiten. Die Kursächsische Bergordnung Christian I. von 1589 beschreibt seine Pflichten sehr detailliert. Alexander Wilhelm Köhler (1756-1832), „Secretair bey dem Churfürstl. Sächsischen Oberbergamte zu Freyberg“, verwies 1786 darauf, dass die Bergschreiber in einigen Bergämtern Sachsens – so auch in Schneeberg zu Köhlers Zeit (!) – in den Sessionen Sitz und Stimme hatten. Es ist nicht auszuschließen, dass aufgrund des florierenden Bergbaus in Schneeberg Adolph Beyer dieses Recht zustand. Ansonsten waren die Bergschreiber, so Köhler, „blos Actuarius, mit einem voto consultativo in Bergrechtssachen.“ Die Söhne von Adolph Beyer traten in die Fußstapfen des Vaters. Sein erstgeborener, gleichnamiger Sohn, Adolph Beyer (1743-1805), war Bergmeister im Bergamt Schneeberg; sein zweiter Sohn August Beyer (1746-1806) war „Kobaldinspektor, auch Gegen- und Receßschreiber“ ebenfalls im Bergamt Schneeberg. August Beyer erhielt seine bergmännische akademische Ausbildung bereits an der Bergakademie Freiberg. 1766 wurde er unter der Nr. 2 inskribiert.
  • Maria Perrefort
    Der Führer des Betriebs (FdB) und sein „Feldwebel“: Heinrich Morsbach und Heinrich Clausen auf der Zeche Westfalen (1933-1945)
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  • Das nationalsozialistische Regime ging unmittelbar nach Machtantritt dazu über, mögliche Gegner, vor allem aus der Arbeiterbewegung, kaltzustellen. Statt der Betriebsräte wurde eine Arbeitnehmervertretung in Form eines Vertrauensrats unter Vorsitz eines Obmanns installiert. Heinrich Clausen war als Betriebsobmann der Zeche Westfalen in Ahlen fast ein Jahrzehnt in dieser Funktion tätig und nahm im nationalsozialistischen Sinn Einfluss auf die Arbeitspolitik. Immer wieder setzte er sich mit Bergassessor Heinrich Morsbach, dem Bergwerksdirektor der Zeche Westfalen, mit dessen Vorgänger und anderen leitenden Persönlichkeiten auseinander und verfocht unnachsichtig seine Position. Beide, Morsbach und Clausen, bestimmten den Kurs, den die Zeche durch die zwölf Jahre des Nationalsozialismus in Zeiten von Kohlenkrise und Krieg nahm. Die NS-Betriebspolitik war kein monolithischer Block, trotz aller beanspruchter „Klassenharmonie“ blieben Arbeiterinteressen und Arbeitgeberstandpunkt in nationalsozialistischer Verbrämung existent, wie sich an den beiden Protagonisten deutlich machen lässt.
  • Rainer Slotta
    Figur eines Kontrabassisten, Georg Fritzsche, um 1730 Porzellan, H 4,5 cm
    Achim und Beate Middelschulte Sammlung (Inv.-Nr. 20)
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  • Den Beziehungen zwischen dem Bergbau und dem Werkstoff Porzellan hat die wissenschaftliche Forschung eine umfangreiche Literatur gewidmet. Zweifellos sind das Alter und die künstlerische Vorreiterrolle der Manufaktur Meissen in der Gestaltung von Kleinskulpturen und Geschirren dafür verantwortlich. Die (Wieder-) Entdeckung des Hartporzellans in Europa ist untrennbar mit den Namen von Johann Friedrich Böttger (1682-1719) und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651-1708) verbunden, deren Arbeiten erst die Ausformung von Porzellanfiguren möglich gemacht haben. Aber erst rund zehn Jahre nach den ersten Ausformungen von Kleinskulpturen in dem neuartigen Werkstoff kam es in Meissen zur Erschaffung von bergmännischen Porzellanfiguren, und es dauerte noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, bis veritable künstlerische Meisterwerke von Abbildern des Bergbaus in der Porzellankunst durch den Künstler Johann Joachim Kaendler (1706-1775) geschaffen worden sind.
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